: EWE-Chef Brinker hält sich
AFFÄREN Der Aufsichtsrat spricht dem Konzernchef das uneingeschränkte Vertrauen aus, will aber Wirtschaftsprüfer dessen Geschäftsgebaren durchleuchten lassen. Besseres Controlling gefordert
Als Werner Brinker, der Chef des Oldenburger Energiekonzerns EWE, am Freitag nach einer langen Aufsichtsratssitzung einen VW-Bus bestieg und die Tür hinter sich zuschob, als wäre er auf der Flucht, sah er nicht mehr aus wie der Konzernlenker, der von manchen „Sonnengott“ genannt wird, weil er so mächtig ist.
Immerhin: Als die Tür zu und der Bus losgefahren war, hatte er den Tag überstanden – und konnte sich sicher sein, dass er als Chef im Amt bleibt. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dem Vorstand unsere uneingeschränkte Unterstützung auszusprechen“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Günther Boekhoff, ein alter SPD-Mann aus Ostfriesland, auf einer improvisierten Pressekonferenz.
Erstaunlicherweise aber soll Brinkers Geschäftsgebaren noch von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unter die Lupe genommen werden. Außerdem soll das Controlling verbessert und ein zusätzlicher Ausschuss im Aufsichtsrat eingerichtet werden, der das Sponsoring der EWE kontrolliert.
Ob es nicht seltsam sei, dass erst Vertrauen ausgesprochen und dann untersucht werde, wurde Boekhoff gefragt. Das, antwortete er, sei „eine Frage, die durchaus berechtigt ist, aber ich sagte: Es ist detailliert vorgetragen worden und sehr eingehend auch diskutiert worden, es war auch plausibel, was uns vorgetragen worden ist, und deshalb haben wir gesagt, der Vorstand hat unser Vertrauen“.
Seit dem 20. September waren Brinker und EWE nicht mehr aus den Schlagzeilen gekommen – zunächst wegen des Schulpräventionsprogramms „Sign“, für das EWE seit 2000 der Agentur Prevent jährlich Millionen überwiesen hatte – zuletzt gut 3,3 Millionen Euro, ohne offenbar genau zu kontrollieren, ob das Geld sachgerecht verwendet wird.
Zum „Sign“-Skandal hinzu kam eine alte Geschichte aus Eberswalde: 2002 versprachen Brinker und ein damaliger Vorstandskollege dem Eberswalder Bürgermeister 307.000 Euro für die dortige Landesgartenschau, wenn er ihnen ermögliche, Anteile an den Eberswalder Stadtwerken zu erwerben. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin brummte EWE 400.000 Euro Unternehmensgeldbuße wegen Vorteilsgewährung auf.
Als das kürzlich nach taz-Recherchen die kommunalen Eigentümer der EWE auf ihrer Versammlung erfuhren, sollen einige von ihnen – darunter auch Aufsichtsratsmitglieder – baff gewesen sein. 400.000 Euro Geldbuße, das konnten selbst manche Landräte nicht gut heißen, zumal Brinker die Geldbuße erst durch hartnäckiges Nachfragen eines kritischen Fragestellers erläuterte. FELIX ZIMMERMANN