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Archiv-Artikel

RAINER SCHÄFER RADIKALE WEINE

Auf dem Marktplatz in Iphofen, einem Städtchen in Unterfranken, steht das Weingut Ruck, 1750 erbaut. Dort teilen sich Hans Ruck, 64, und sein Sohn Hansi die Arbeit.

Im Hause Ruck scheint einiges durcheinander geraten zu sein bei der Werteorientierung der Generationen: Hansi ist „Traditionalist“, er trägt gerne Lodenjanker. Hans Ruck dagegen ist ein Kind des Rocks und des Souls. Der Schnauzer erinnert an die Tage, als er lange Haare trug zur Schlaghose und Rocksongs röhrte. Hansi dagegen lauscht Romantikern wie Gustav Mahler.

Beim Wein aber ist Hansi Ruck ein Radikaler, Gefälligkeit ist ein Reizwort für ihn. Die „dienende Süße“, ein Merkmal vieler Frankenweine, hat er abgeschafft. Seine Scheurebe Estheria grenzt sich rigoros ab von lieblichen Großmutter-Weinen. Hansi Ruck baut sie staubtrocken aus, er nennt sie ein „Kind des Meeres“: Vor rund 200 Millionen Jahren, als Unterfranken noch aus einer Lagune bestand, lagerten sich große Mengen von Estherien, kleinen Pfeilkrebsen, ab und prägten die Gesteinsschichten. Dieser Boden liefert die „mineralische Kante“, die die Estheria mit salzigen Spuren durchzieht. Mit feiner Cassisfrucht und einem Hauch Stachelbeere begleitet sie am Tisch alles perfekt, was aus dem Meer kommt.

Estheria 2012, Weingut Ruck, 15 Euro, Bezug über www.ruckwein.de