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Archiv-Artikel

SPRACHRÄUME

In einer Benefizlesung wird auch dieses Jahr das Sonderheft Literatur von Hinz und Kunzt vorgestellt. Die Schauspieler Katja Geist, Gustav Peter Wöhler und Christiane Filla leihen nur einigen der hier versammelten Kurzgeschichten ihre Stimmen, die absurd, tragisch oder einfach komisch daherkommen. So trifft Wladimir Kaminer an einer Parkbank auf Albert Einstein und Niels Bohr und schleust sich dank alkoholischer Getränke in den Physikerkreis ein. In einer anderen Geschichte lässt Doris Dörrie eine Braut auf der Autobahn eine bessere Partie wittern. Ernster dürfte es in der Erzählung von Abbas Khider werden, der das Leben in einem irakischen Gefängnis schildert. Di, 15. 11., 20 Uhr, Polittbüro, Steindamm 45

Wie, wo und wer bin ich mit 40 Jahren? Mit dieser Frage schlägt sich das Stück „Before your very eyes“ herum, in dem 8- bis 14-jährige Kinder ihre Zukunft imaginieren. Weniger in schillernden Farben, denn in ritualisierten gesellschaftlichen Formen und als wehmütige Blicke zurück auf die verpassten Chancen. Ein Aufruhr gegen die bitteren und spießigen Aussichten bleibt nicht aus und kann vom Publikum mit den Blicken seziert werden. Hinter einer nur für sie durchlässigen Spiegelwand frotzeln und philosophieren die Jungschauspieler über ihr mögliches und baldiges Leben als Erwachsene, eben als Alte, die früher die Welt aus den Angeln heben wollten. Sa, 12. 11., 20 Uhr, Kampnagel, Jarrestraße 20

Den 200. Todestag von Heinrich von Kleist nimmt das Ensemble „Puppet Holding“ zum Anlass, ein wenig beachtetes Kapitel seines Lebens zu beleuchten: seine Beziehung zu Wilhelmine von Zenge – seiner Verlobten. Gespielt wird sie von Birte Rüster, die eine wartende und geduldige Frau in dem Stück „Küss mein Bild“ entwirft, die sich mit den grüblerischen, übellaunigen und philosophischen Briefen vom abwesenden Kleist tröstet. Er reist umher, liest und studiert und sieht seine Ideale durch Kants Werk „Kritik der Urteilskraft“ in Gefahr. Um ein wahrhaftiges Leben wiederzufinden, entscheidet er sich für eine bäuerliche Existenz und erwartet, dass seine Verlobte folgt. Sie lehnt ab und erhebt mittels eines Briefes erstmalig die Stimme. Gehört wird sie nicht, denn ungeöffnet kehrt der Brief zu ihr zurück. Erwartungen, überzogene Loyalitätsansprüche und historische Rollenbilder werden in dieser interdisziplinären Inszenierung von Miriam Sachs ausgepackt und mit Hilfe eines modernen, ebenfalls auf der Bühne anwesenden Expertentisches, kommentiert. Mo, 14. 11. + Di, 15. 11., jeweils 20 Uhr, Sprechwerk, Klaus-Groth-Str. 23 KENDRA ECKHORST