: Oma ihr klein Häuschen
ALTERSVORSORGE Investitionsbank Schleswig-Holstein zahlt „umgekehrte Hypothek“ auf Immobilien. Das Modell wird bisher kaum angenommen
Die eigenen vier Wände als „zweite Rente“: Die Hoffnung, im Alter mietfrei zu leben, ist für viele ein Grund, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Der Nachteil ist, dass das Vermögen in Backstein und Ziegeln feststeckt. Eine Möglichkeit, das Haus wieder zu Geld zu machen, sind Immobilienrenten oder umgekehrte Hypotheken. In Schleswig-Holstein läuft dazu seit 2010 ein Pilotprojekt der Investitionsbank des Landes.
Bei der umgekehrten Hypothek zahlt die Bank entweder einmal eine größere Summe oder monatlich einen festen Betrag aus. Die Immobilie gilt als Sicherheit, „bleibt aber im Eigentum des Besitzers“, sagt Banksprecher Torsten Fragel. Vor allem die monatliche Auszahlung, maximal bis zum 110. Geburtstag, unterscheidet das Modell von anderen Darlehen. Zurückgezahlt wird der Kredit erst, wenn das Haus verkauft wird, entweder vom Besitzer oder von dessen Erben.
Die sind die Verlierer des Modells, schließlich bleibt weniger von „Oma ihr klein Häuschen“ übrig. „Aber wenn keine Kinder vorhanden oder selbst gut versorgt sind, kann das ein angemessener Weg sein“, sagt Fragel. Die Bank rechne zudem „sehr vorsichtig“ und setze eher zu niedrige als zu hohe Werte für die Immobilie an, sodass die Erben also nicht draufzahlen müssten. „Wir spekulieren auf keinen Fall auf ein Todesdatum“, versichert der Banksprecher.
Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) lobt: die Investitionsbank leiste Pionierarbeit. „Wir gehen davon aus, dass die Immobilienrente bald auch in weiteren Regionen angeboten wird“, sagte VÖB-Hauptgeschäftsführer Karl-Heinz Boos. Durchgesetzt hat sich das Modell aber noch nicht: Trotz einiger Hundert Anfragen und Beratungsgespräche bei der Investitionsbank ist die Zahl der Verträge gering: „Zwischen 20 und 50“, schätzt Fragel. Die Idee müsse sich erst durchsetzen.
Der Vorschuss wird teuer erkauft
Ein Grund für die Vorsicht der Häuslebesitzer könnte sein, dass das Geld sowohl bei der schleswig-holsteinischen Immobilienrente wie auch verwandten Modellen teuer erkauft ist. So kritisiert die Stiftung Warentest, dass das Darlehen im Vergleich zum Wert des Hauses bescheiden ausfällt. Der Effektivzins, der bei der Ablöse des Kredits anfällt, liegt oft über zehn Prozent. Bei einer Umkehrhypothek der Deutschen Kreditbank mit Sitz in Grünwald sieht es laut Stiftung Warentest ähnlich aus: Das Darlehen betrage höchstens 15 bis 35 Prozent des Immobilienwerts, und durch Zinsen, Gebühren und Pauschalen verdoppele sich die Kreditschuld bereits nach zehn Jahren.
Die dritte Möglichkeit ist die „Zustifterrente“ der gemeinnützigen Stiftung Liebenau, bei der Ältere ihr Haus verkaufen, aber lebenslanges Wohnrecht behalten – sie müssen allerdings aus der Verkaufssumme gleich einen gehörigen Abschlag für Gebühren und die Instandhaltung des Hauses hinnehmen.
Dass Banken durch Umkehrrenten am Ende auf unverkäuflichen Häusern und Wohnungen sitzen bleiben, scheint unwahrscheinlich: Sogar in Flächenländern wie Schleswig-Holstein, wo durch den demografischen Wandel mittelfristig Leerstände drohen, sind Angebot und Nachfrage in nahezu allen Landesteilen ausgeglichen, zeigte eine aktuelle Studie im Auftrag des Kieler Innenministeriums. Fast die Hälfte der Menschen im Land – 47 Prozent – besitzt Wohneigentum, und die Eurokrise und die Angst vor Inflation steigert das Interesse am steinernen Vermögen noch. ESTHER GEISSLINGER