: Kostengünstigere Alternativen
DISPO Mit Überziehungskrediten auf Girokonten machen Banken durchschnittlich 10 Prozent Gewinn. Nun sollen die Institute per Gesetz gezwungen werden, Schuldner über Kredite mit niedrigen Zinsen zu informieren
■ In welcher Straße man wohnt, wie die soziale Zusammensetzung des Stadtteils ist, was man auf Facebook postet oder auf Twitter kritisiert – solche Informationen sammeln sogenannte Scoring-Unternehmen, die Banken persönliche Daten liefern. Diese können in die Bewertung bei Kreditentscheidungen einfließen und den Ausschlag geben, ob ein Kunde ein Darlehen erhält oder nicht. Eigentlich sollte mittlerweile wenigstens nachvollziehbar sein, wie solche Bewertungen konkret angewendet werden. Das sei aber nicht der Fall, beklagt der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Die Organisation fordert deshalb eine Reform des Bundesdatenschutzgesetzes. (hk)
VON HANNES KOCH
Wer herausbekommen möchte, welcher Dispozins für die Überziehung des Girokontos fällig wird, muss erst mal recherchieren. Oft ist die Angabe zu den Kosten bei den Banken nicht gerade leicht zu finden. Dabei liegen die Überziehungszinsen immer noch erstaunlich hoch – obwohl die Institute selbst fast keine Zinsen mehr zahlen, wenn sie Geld bei der Zentralbank leihen. Um die Kosten für die KundInnen zu drücken, will Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD) nun per Gesetz mehr Transparenz verordnen.
Beispiel Berliner Sparkasse: Aktuell beträgt der Dispozins beim Girokonto 10,5 Prozent. Dieser Zins wird fällig, wenn das Girokonto ins Minus rutscht. Um diese Information zu erhalten, müssen sich die Kontoinhaber beispielsweise auf der Internetseite des Instituts einloggen und unter dem Menu-Punkt „Finanzstatus“ nach den Konto-Informationen suchen. Eigentlich ist das nicht schwer, erfordert aber doch eine gezielte Nachforschung. Auf der Startseite des Internetauftritts der Sparkasse findet sich die Angabe nicht.
Währenddessen zahlen die Institute kaum noch Zinsen, wenn sie sich bei der Europäischen Zentralbank refinanzieren. Seit September 2014 liegt dieser Satz bei 0,05 Prozent. Die Guthaben-Zinsen, die Bankkunden für ihr Erspartes und andere Anlagen erhalten, sind ebenfalls sehr niedrig. Vor diesem Hintergrund sichern sich die Institute eine beträchtliche Gewinnmarge, indem sie die Dispozinsen durchschnittlich bei 10,65 Prozent jährlich ansiedeln. Diesen Wert ermittelte die Zeitschrift Finanztest mittels einer Umfrage unter rund 1.500 deutschen Instituten im vergangenen Sommer.
Die Spanne lag dabei zwischen 4,9 und 14,25 Prozent. Viele Banken nutzten den Dispozins weiterhin, „um ihre Kunden zu schröpfen“, bemängelte Hubertus Primus, der Vorstand der Stiftung Warentest. Einzelne Institute begannen damals aber schon nachzugeben: Sie senkten den Zinssatz für Überziehungskredite leicht, etwa die Deutsche Bank und die Berliner Bank.
Die Bundesregierung sieht allerdings weiterhin Handlungsbedarf. Bereits in ihrer Koalitionsvereinbarung von 2013 legten Union und SPD fest, dass sie sich des Problems annehmen wollten. Kürzlich folgte nun der Gesetzentwurf aus dem Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz von Heiko Maas (SPD). Demnächst soll das Bundeskabinett beschließen und dann der Bundestag.
Hinsichtlich der Dispozinsen enthält der Entwurf zwei wesentliche Änderungen. Erstens will Maas die Institute zu größerer Transparenz verpflichten. „Klar, eindeutig und in auffallender Weise“ sollen die Banken auf ihren Internetseiten angeben, wie hoch der Zins liegt. Die Sucherei im Kleingedruckten würde sich dann erübrigen. Zweitens müssten die Geldhäuser ihren Dispo-Schuldnern „eine Beratung über kostengünstigere Alternativen zur derzeitigen Überziehungsmöglichkeit anbieten“. Diese Beratung soll erfolgen, wenn das jeweilige Konto länger als drei Monate ununterbrochen überzogen ist oder der überzogene Betrag den normalen monatlichen Geldeingang übersteigt.
Die „kostengünstigeren Alternativen“ zum Dispokredit gibt es schon heute. Nur wissen viele davon nichts. Nach Informationen von Finanztest bekommt man gegenwärtig Ratenkredite schon für einen Jahreszins von 4 Prozent. Wer mithilfe eines solchen Kreditvertrages seine Disposchulden ablöst, kann beispielsweise 6 Prozent Zinsen pro Jahr sparen. Bei 5.000 Euro wären das immerhin 300 Euro vermiedener Kosten. Lohnende Alternativangebote zum Dispo gibt es bei den meisten Instituten. Allerdings sind auch diese Informationen häufig schwer zu finden. Die Beratungspflicht, die die Bundesregierung einführen will, soll auch hier Abhilfe schaffen.
Dem Bundesverband der Verbraucherzentralen allerdings geht Maas’ Gesetzentwurf nicht weit genug. Über die Beratungspflicht und verbesserte Transparenz hinaus solle den Banken eine Maximalhöhe für den Zinssatz beim Dispo vorgeschrieben werden, verlangen die Verbraucherschützer. Dieser Deckel könne beispielsweise 7 Prozent über dem Satz liegen, den Banken selbst zahlen müssten. Eine ähnliche Forderung erhebt auch Renate Künast (Grüne), die Vorsitzende des Verbraucherausschusses im Bundestag. Die SPD hatte sich vor der Wahl ebenfalls dafür starkgemacht. Mit der Union ist der Zinsdeckel allerdings nicht durchzusetzen.