zug der erinnerung
: Gedenken gegen Bares

Es ist eine unelegante Lösung, aber es muss wohl sein: Denn ein Ereignis quasi lebensgroß zu wiederholen – sprich: Bahnwaggons auf Deportationsrouten durch Deutschland rollen zu lassen, hat schon etwas Geschmackloses. Es ist Relikt einer Schock-Pädagogik, wie sie in den ersten Nachkriegsjahren etwa in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz betrieben wurde, als noch wenig über Details des Holocaust bekannt war. Aber immerhin fährt jetzt nicht auch noch irgendwer mit in den Waggons und schreit aus den Fenstern.

KOMMENTAR VON PETRA SCHELLEN

Abgesehen davon ist der eigentliche Verursacher der Aktion die Bahn, die nicht aus Image-schädigenden Fehlern lernt: Nicht nur, dass deren Chef Mehdorn in seinen Bahnhöfen keine Ausstellung über Judendeportationen wollte. Nein, die Bahn verlangt jetzt auch noch Geld von denen, die das Gedenken an ihrer Statt erledigen. Die Erinnerungs-Initiative musste reguläre Schienennutzungs-Verträge abschließen.

Solche Unverfrorenheit kann nur zwei Gründe haben: entweder das Kalkül, dass die Aktion mangels Geldes gekippt wird. Oder aber den Umstand, dass die Bahn nicht nur Verantwortung für die Vergangenheit ablehnt, sondern auch Sklave des Markts geworden ist. Will heißen: Man will den Börsengang finanzieren. Mit jedem Geld, das einzutreiben ist. Und stamme es von denen, die der per Bahn deportierten Juden gedenken wollen.