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Archiv-Artikel

Burn-out in Ratzeburg

ARBEITSBELASTUNG Die Zahl der Krankmeldungen in der Verwaltung des Kreises Herzogtum Lauenburg ist besorgniserregend gestiegen. Viele Mitarbeiter leiden an Burn-out

„Ich weiß definitiv, dass wir einige Burn-outs dadurch verhindern konnten“

Karsten Steffen, Kreisverwaltung

VON TIZIANA MANELJUK

Die Kreisverwaltung im Herzogtum Lauenburg ist besorgt. Die Zahl der Langzeiterkrankten unter den Mitarbeitern habe stark zugenommen, heißt es in einem internen Entwurf für den Stellenplan 2012. Schlimmer noch: Über die Hälfte der länger Erkrankten kämen wegen psychosozialer Belastungen nicht mehr zur Arbeit. Die Verwaltung schätzt die Situation als „äußerst besorgniserregend“ ein.

„In den vergangenen Jahren wurden viele Stellen abgebaut“, versucht Ursula Bockholt die Entwicklung zu erklären. Sie ist in Ratzeburg, wo die Kreisverwaltung ihren Sitz hat, Vorsitzende des Personalrats. Der Landkreis sei hoch verschuldet. Am Personal – ein hoher Posten im zweistelligen Millionenbereich – werde gern gespart. In der Folge müssten die Aufgaben von immer weniger Menschen erledigt werden, was das Belastungsproblem verschärfe.

Schaut man sich die reinen Zahlen an, sind seit 2009 nur vier Stellen abgebaut worden. So einfach sei die Rechnung aber nicht, sagt Karsten Steffen, Pressesprecher der Kreisverwaltung. Auf der einen Seite wurden zwar seit 2008 allein 13 neue Stellen im Jugend- und Sozialbereich geschaffen – auch als Reaktion auf die deutschlandweit öffentlich gewordenen Fällen von Kindeswohlgefährdung.

An anderer Stelle dagegen wurde eingespart, und die Aufgaben würden mehr: Der Bereich Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung etwa habe mit BSE, Vogelgrippe und Ehec in den letzten Jahren viel zu tun gehabt – ohne dass zusätzliches Personal eingestellt worden wäre.

In ihrem Entwurf zum Stellenplan 2012 hat die Kreisverwaltung genaue Zahlen aufgelistet. So ist dem Dokument zu entnehmen, dass über die Hälfte der längeren Krankheitsfälle auf psychosoziale Belastungen der Mitarbeiter zurückzuführen seien. Während im Jahr 2008 von 25 längeren Krankheitsfällen nur elf auf psychosoziale Belastung zurückgingen, seien es 2011 von 40 längeren Krankheitsfällen bereits 24. „Mindestens“, fügt Steffen hinzu, „es können durchaus mehr sein“. Es handele sich zudem nur um eine Momentaufnahme, das Jahr sei ja noch nicht abgeschlossen.

Die anonymisierten Daten entstammen der Krankenstatistik der Kreisverwaltung. Informationen zu psychischen Erkrankungen würden auch über das sogenannte „betriebliche Eingliederungsmanagement“ erhoben, erklärt Steffen. Seien Arbeitnehmer länger als sechs Wochen krank, werde versucht, die Gründe der Erkrankung in Erfahrung zu bringen.

Dies sei ein freiwilliges Angebot, um eine schnelle Wiedereingliederung zu ermöglichen. Außerdem könnten so Maßnahmen ergriffen werden, um künftige Erkrankungen zu verhindern – beispielsweise, indem ein Teil der Arbeit von zu Hause erledigt würde. „Ich weiß definitiv, dass wir einige Burn-outs dadurch verhindern konnten“, sagt Steffen.

Ob die Krankheitszahlen wirklich nur auf eine steigende Arbeitsbelastung zurückzuführen sind, mag Steffen nicht beschwören. Das zeitliche Zusammentreffen lege jedoch nahe, dass „ein Zusammenhang mit der Arbeitsverdichtung der letzten Jahre“ vorliege.

Die Kreisverwaltung sei an einem Punkt angekommen, an dem der Personalabbau „ohne Reduzierung der Aufgaben nicht mehr dauerhaft ohne erhebliche negative Folgewirkung umgesetzt werden kann“, ist im Stellenplan zu lesen. Vor allem, weil die gesunden MitarbeiterInnen die gestiegenen Fehlzeiten auffangen müssten, was die Belastung noch erhöht.

15 neue Stellen fordert die Kreisverwaltung, sonst könnten die Mitarbeiter das Arbeitspensum nicht mehr bewältigen. Ob diese Stellen angesichts des defizitären Haushalts wirklich geschaffen werden, ist jedoch ungewiss.