Tritte im Schlaf

HSV-Fans treten einen schlafenden Obdachlosen auf dem Kiez und bekommen dafür Bewährungsstrafen

Der Angeklagte windet sich auf der Holzbank des Hamburger Amtsgerichts. „Ich schäme mich“, sagt der 26-Jährige. Zusammen mit drei Freunden war der Familienvater nach einem feuchtfröhlichen Fußballabend Anfang August noch über den Kiez gezogen, feiernde HSV-Fans, keine Hooligans. Vor dem Gebäude der Heilsarmee schlief ein Obdachloser. Plötzlich trat der Jüngste aus der Gruppe den Mann, der 26-Jährige machte es ihm nach. Zu sieben Monaten Bewährungsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt ihn dafür am Montag die Richterin. Ein Kumpel, der den Angriff mit dem Handy filmte, bekommt dieselbe Strafe. Der jugendliche Treter, der den Anfang machte, muss noch vor Gericht.

Keiner der Angeklagten weiß einen Grund für den Angriff auf den hilflosen Mann. Angetrunken waren sie alle, denn ihr HSV hatte ein Testspiel gegen Juventus Turin gewonnen, das wurde begossen. Aber mit gut einer Promille Alkohol im Blut „wussten Sie genau, was Sie taten“, hält der Staatsanwalt ihnen vor.

„Ich kann es mir nicht erklären“, sagt der 26-Jährige. Maler und Lackierer ist er von Beruf, hat eine Frau und zwei Kinder. Er habe „einen ganz schönen Einlauf gekriegt“ daheim, meint er.

Das Opfer, das keine schweren Blessuren erlitt, tritt nicht auf vor Gericht. Bei der Polizei hatte der Obdachlose die Tat geschildert: „Ich konnte mich nicht wehren. Ich habe nur versucht, meinen Kopf zu schützen.“ Schließlich sei er froh gewesen, dass Leute gekommen sind. Ein junger Mann stellte die Angreifer zur Rede und rief die Polizei.

Zehn Monate Bewährungsstrafe fordert der Staatsanwalt für den 26-Jährigen und dessen Freund mit dem Handy. Die Richterin bleibt mit ihrem Urteil etwas darunter. Die beiden Verurteilten müssen als Buße noch je 1.000 Euro an die Heilsarmee zahlen. Das Urteil nehmen sie sofort an. Kai Portmann, dpa