: Hirche fällt nicht aus allen Wolken
Niedersachsens Wirtschaftsminister organisiert die Zuständigkeit für den Wilhelmshavener Jadeweserport um: Die Schlüsselfigur für angebliche Mauscheleien wird versetzt, die Opposition sieht ein „Bauernopfer“
Der Bau des Jadeweserports verzögert sich weiter. Wie viele der vier geplanten Liegeplätze für Riesen-Containerschiffe 2010 fertig sind, wollte Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) am Montag im Tiefwasserhafen-Untersuchungsausschuss nicht sagen. Der Fortschritt des Projekts hänge von zwei Gerichtsverfahren ab, betonte Hirche. Vor wenigen Wochen hatte sein Ministerium erklärt, 2010 würden zwei Liegeplätze fertig sein.
Schlichtweg „albern“ fand Hirche den Vorwurf von SPD und Grünen, er habe mit der Versetzung seines Hafen-Beauftragen Joachim Erdmann ein „Bauernopfer“ geleistet. Für die geplante Umorganisation in seinem Haus seien sachliche Gründe ausschlaggebend, sagte der Minister. Hirche konnte sich häufig nicht an Vorgänge um den Superhafen erinnern – oder fühlte sich nicht zuständig.
Erdmann ist eine der Schlüsselfiguren für die Kernfrage des Ausschusses: Hat sich bei der Vergabe des 480 Millionen Euro-Bauloses an den Essener Konzern Hochtief die Politik eingemischt? Zweifelhaft fand der Grüne Enno Hagenah, dass Erdmann im März 2006 Hochtief als Sieger der Vergabe ausrief, obwohl die Vergabeexperten bei der Jadeweserport Realisierungsgesellschaft (JWP) noch die Bieter um die Papenburger Firma Bunte bevorzugt hatten. „Da müssen Sie doch aus allen Wolken gefallen sein“, sagte Hagenah.
Ausschuss-Zeuge Hirche betonte, er wolle nicht „mutmaßen“, warum Erdmann zum damaligen Zeitpunkt „zu der Einschätzung gekommen ist“. Einen „politischen Eingriff“ in „die selbständige“ JWP und deren Vergabepraxis schloss Hirche aus. Die Unabhängigkeit der JWP von den Landesregierungen in Bremen und Niedersachsen hätten die damaligen SPD-Regierungen so beschlossen, an der Konstruktion des Vertrags habe er in seiner Amtszeit auch nichts geändert. Bislang hatten sich die Niedersachsen beklagt, von Bremen „über den Tisch gezogen“ worden zu sein.
Auch bei der Vergabe der Betreiberkonzession an Eurogate habe es keine Unregelmäßigkeiten, erklärte der Minister. Welches Zugeständnis die Niedersachsen den Bremern für einen im Januar 2006 ausgehandelten, über 40 Jahre laufenden jährlichen Erbbauzins in Höhe von 4,5 Millionen Euro gemacht hätten, sei ihm nicht bekannt. SPD und Grüne vermuten darin den Preis dafür, dass die von den Bremern geführte Eurogate den Zuschlag bekommt. KAI SCHÖNEBERG