: Koalition will lieber doch keine Männerförderung
FRAUEN Das Gleichstellungsgesetz wird nach massiver Kritik kurzfristig noch einmal geändert
BERLIN taz | Drei Tage vor der endgültigen Abstimmung im Bundestag wird der Entwurf des Gleichstellungsgesetzes noch einmal verändert. Die Veränderung betrifft das Gleichstellungsgesetz für den öffentlichen Dienst, das zugleich mit der Einführung der Frauenquote für die Wirtschaft novelliert werden soll. Entfernt wird aus dem Gesetzentwurf die Förderung von Männern dort, wo sie „unterrepräsentiert“ sind. Das teilte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Nadine Schön, mit. „Männerförderung soll es nur geben, wenn eine strukturelle Benachteiligung von Männern existiert“, sagte sie.
Zuvor hatte es geheißen, dass Männer gefördert werden sollten, wo sie „unterrepräsentiert“ sind. Das hätte bedeutet, dass männliche Erzieher und Sekretäre gefördert werden. Das wurde nun verhindert. Denn Männer sind in vielen Jobs, gerade im Niedriglohnbereich unterrepräsentiert, allerdings nicht, weil sie benachteiligt sind, sondern weil sie diese Berufe nicht interessieren.
„De facto ist die Männerförderung damit ausgehöhlt“, heißt es in Koalitionskreisen. Denn Bereiche, in denen Männer strukturell benachteiligt werden, sind schwer vorstellbar. „Angesichts einer nicht bestehenden strukturellen Benachteiligung von Männern wirkt der Vorschlag der Bundesregierung planlos“, urteilt Ulle Schauws, die frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag.
Die Grünen wollen ebenso wie viele Gleichstellungsbeauftragte, dass der gesamte Gesetzesteil, der den öffentlichen Dienst betrifft, noch einmal überarbeitet wird. „Anstelle hilfloser Gesichtswahrungsversuche sollte die Bundesregierung unserem Änderungsantrag folgen, das Bundesgleichstellungsgesetz aus dem Verfahren zu nehmen und auf einer soliden Grundlage überarbeiten.“
Die Änderung kam zustande, nachdem Gleichstellungsbeauftragte protestiert hatten. Sie befürchteten eine Arbeitsflut, wenn sie Männer dort fördern sollten, wo sie unterrepräsentiert werden. Zudem hatten namhafte Juristen bemängelt, dass das Grundgesetz nur vorsehe, das real benachteiligte Geschlecht zu fördern. Das seien aber Männer in Sekretärsberufen mit Sicherheit nicht. Das Gesetz sei damit nicht verfassungsfest, hatte etwa der Herausgeber des Standardkommentars zum Gleichstellungsgesetz, Thomas von Roetteken, bei der Anhörung zum Gesetz im Bundestag erläutert.
Am Dienstagnachmittag sollten die Koalitionsfraktionen im Bundestag die Änderung absegnen. Am Freitag soll das Gesetz rechtzeitig zum Internationalen Frauentag im Bundestag verabschiedet werden.
HEIDE OESTREICH