: Jukebox
Musik ohne und mit Musik, bis zur Besinnungslosigkeit
Immer ein Signal. Keine Stille. Das Nichts gibt es nicht.
Wer gerne Musik hört, sollte vielleicht auch wissen, dass nächsten Donnerstag im Exploratorium Berlin die selten zu hörende John-Cage-Komposition „4’33’’“ zur Aufführung kommt, die sich dadurch auszeichnet, dass an Klang und Komposition arg gespart wurde. Während des Stückes wird nämlich überhaupt kein Ton gespielt. Was man in einer Konzertsituation erst einmal aushalten muss, so auf sich allein zurückgeworfen zu sein. Zeit wird da länger. Vielleicht helfen einem Trivia zum Werk darüber hinweg: Dass Mike Batt zum Beispiel von den Cage-Erben eines auf die Finger bekam, weil er mal „A One Minute Silence“ unter dem Autorenvermerk Batt/Cage veröffentlichen wollte. Sein Stück sei, weil kürzer, „ein sehr viel besseres stilles Stück“, meinte Batt, der übrigens auch die Titelmelodie von „Wetten, dass…?“ geschrieben hat. Gar nicht erst auf Cage verwiesen haben bei ihren „Two Minutes Silence“ auf dem „Unfinished Music No. 2“-Album Yoko Ono und John Lennon, von dem wiederum der Ausspruch überliefert ist, dass Avantgarde ein französisches Wort für Bullshit sei.
Nun ist die Abwesenheit von Musik aber noch nicht geräuschfrei. Irgendwo knistert immer etwas, und deswegen könnte man „4’33’’“ auch als einen radikalen Ansatz von Ambient-Music hören. Den Musikanteil daran halt herausgekürzt, dass nur mehr Ambient bleibt. Das Grundrauschen der Umgebung, die wiederum Brian Eno mit seiner Ambient-Music angenehm gestalten wollte. Seiner Ansicht nach muss Ambient Music ignoriert werden können und dem Zuhörer doch immer interessant genug erscheinen, was dann eben keine Fahrstuhlmusik sein kann. Auch das ist dem Preis der deutschen Schallplattenkritik eine Ehrenurkunde wert, die an diesem Wochenende Brian Eno verliehen wird, der natürlich auch wunderschöne Pop-Platten gemacht hat und einst bei der ewig besten Glamrock-Kapelle Roxy Music spielte. So schließt sich der Regelkreis mit Queen, die auch in der Plateausohlenliga antraten und den Glamrock zur Oper aufplüschten, was immerhin zum stadiontauglichen Grundrauschen taugte. Für besinnungslose Großmachtfantasien, „no time for losers, ’cause we are the champions of the world“. Mehr muss man wohl nicht sagen.
Nur noch der Hinweis, dass heute Abend in der Berlin Rock Photo Gallery eine Ausstellung mit Mick-Rock-Fotos von Queen (und Bowie und Barrett) eröffnet wird. THOMAS MAUCH