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Archiv-Artikel

„Auf der Bühne sind noch Stehplätze frei“

Großer Andrang im „Schlachthof“: Auch die LehrerInnen kämpfen für ihren Sold. Nur die Altersteilzeit ist ebenso wichtig

Von HB

Niemand soll sagen, LehrerInnen würden sich nur während der Unterrichtszeit engagieren. Zwar wurde unter der Ägide von Bildungssenator Willi Lemke (SPD) durchgesetzt, dass nur eine Personalversammlung pro Jahr am Vormittag stattfindet. Doch auch die gestrige, um 14 Uhr im „Schlachthof“ angesetzt, ist brechend voll. „Auf der Bühne sind noch Stehplätze frei“, sagt die Moderatorin, 500 LehrerInnen drängen sich im Saal, 200 im Foyer. Alle wollen ihre neue Dienstherrin Renate Jürgens-Pieper (SPD) hören. Und eine 2,9-prozentige Erhöhung ihrer Besoldung.

Die vom Senat beschlossene Streckung der Besoldungserhöhung wird zum beherrschenden Thema. Zwar referiert Hajo Kuckero, der Personalratsvorsitzende, auch über fehlende Sachmittel, Kürzungen bei Hausmeistern, sozialpädagogischen MitarbeiterInnen und Unterrichtsassistenzen für „Behinderte“. Die weitaus größte emotionale, vulgo akustische Beteiligung wird jedoch spürbar, als die Senatorin den schlichten Satz sagt: „Uns ist die Verschiebung der Besoldungserhöhung für beamtete Lehrer nicht leicht gefallen.“ Anders sei der Landeshaushalt jedoch nicht aufstellbar gewesen. Auch ihr Hinweis, dass sonst die zuvor beklagten sonstigen schulischen Kürzungen drastischer hätten ausfallen müssen, findet wenig Resonanz. Immerhin ist sich die Senatorin mit Kuckero und den „verehrten Lehrkräften“ im Grundsatz einig: „Eine bessere Schule gibt es nicht umsonst.“ Ein ungewollter Hinweis auf die für öffentliche Kassen kostenneutrale Kinderschule am Körnerwall, über die gestern ebenfalls diskutiert wurde – ohne die eingeladene Senatorin, die nicht mal einen Vertreter schickte.

Im „Schlachthof“ üben Personalrat und Senatorin auch in Sachen Altersteilzeit den Schulterschluss. Sie wurde vor vier Jahren außer Kraft gesetzt, nun aber zeige der Ländervergleich beim Durchschnittsalter von Bremer LehrerInnen eine „sehr ungünstige Struktur“, führt Jürgens-Pieper aus. Man kann es auch härter sagen: Bremen hat laut Statistischem Bundesamt mit 65,6 Prozent über 50-Jährigen die bundesweit ältesten GrundschullehrerInnen, gleiches gilt für Unter- und Mittelstufe. Nun wird im „Schlachthof“ die Zusage gefeiert, dass es ab dem 60. Lebensjahr wieder Altersteilzeit gibt, sowohl en bloc als auch gleitend.

Diesen Ball allerdings braucht Jürgens-Pieper nur noch aus dem Tor zu fischen: Schon im April, also vor der Wahl lange vor ihrer Amtseinführung, hatte kein Geringerer als Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) auf einer Personalversammlung selbiges in Aussicht gestellt. HB