: „Unterrichts- statt Schulpflicht“
Die Bildungssenatorin bleibt der Podiumsdiskussion der Böll-Stiftung fern: Sie habe bereits genug diskutiert
Keinen Monat ist es her, da urteilte Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD), freie Schulen wie die Grundschule am Körnerwall würden eine „elitäre Entmischung“ befördern. Bei einer Diskussion im „Alten Fundamt“ folgte der diskursive Gegenschlag der Freunde der Alternativpädagogik: „Die radikalste soziale Entmischung vollzieht das viergliedrige staatliche Schulsystem“, zürnt der Pädagogik-Professor Johannes Beck. Diese Selektion „gehört zerschlagen“, sekundiert die grüne Bildungspolitikerin Anja Stahmann.
Die Böll-Stiftung hatte zur Erörterung der Frage „Alternative Schulen – eine Bereicherung für die Bremer Schullandschaft?“ geladen. Das Urteil der Diskutanten fiel eindeutig aus – und die Kritik an der Senatorin ebenso. Diese hatte es vorgezogen, fernzubleiben, „die Argumente sind doch schon ausgetauscht“, erklärte ihre Sprecherin auf Nachfrage. Von den Betroffenen wird der Diskussionsbedarf anders eingeschätzt: Es sei unredlich, die alternativen Schulen wegen eines angeblichen Mangels an sozialer Integration zu kritisieren, „solange die ganze Gesellschaft dieses Problem noch nicht mal ansatzweise gelöst hat“, sagt ein Zuhörer. Eine ehemalige Schülerin beschreibt ihren Übergang vom Körnerwall in eine reguläre Orientierungsstufe: „Ich war völlig vor den Kopf gestoßen, als ich gemerkt habe, dass meine Mitschüler den Unterricht als Zwang empfinden.“
Um künftigen Schülergenerationen solche Erfahrungen zu ersparen, empfahl die Bremer Pädagogik-Professorin Petra Milhoffer, sich ein Beispiel an anderen EU-Ländern zu nehmen: „Dort ist die Schul- längst von der Unterrichtspflicht abgelöst. Es gehört dort zum Verständnis von Freiheit, Schulen gründen zu dürfen.“ Dies beinhalte jedoch die Pflicht, deren Qualität vor der staatlichen Aufsicht unter Beweis zu stellen.
Grünen-Politikerin Stahmann wies darauf hin, dass die staatlichen Schulen immer stärker von den in freien Schulen entwickelten pädagogischen Methoden profitieren. Eine Bremer Schule habe mit Konzepten aus den Alternativschulen den „Deutschen Schulpreis“ gewonnen. cja