: Energiekonsum drosseln
betr.: „Raps ist nicht die Lösung“ von Tobias Münchmeyer, taz vom 19. 11. 07
Wird die Idee von Agro-Sprit weiterhin mit Vehemenz propagiert, bedeutet das letztlich für die wohlhabenden Länder bedeutende Flächenverluste für die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln. Nicht minder gravierend wird der Verlust von ökologisch wertvollen Arealen sein. Und davor müssten die Grünen eigentlich genauso zurückschrecken wie der viel zitierte Teufel vorm Weihwasser.
Sattsam bekannt dürfte inzwischen sein, dass der Import von Agro-Sprit unser Treibstoffproblem nicht nur nicht löst, sondern die ohnehin schon gravierenden Probleme im ländlichen Raum von Schwellen- und sogenannten Dritte-Welt-Ländern noch dramatisch erhöhen wird.
Dazu ein wichtiger Aspekt, der meist ignoriert wird: Weltweit sind etwa 500 Millionen Arbeitstiere im Einsatz. Diese Arbeitstiere sind in vielen Ländern unverzichtbare Energiequelle für Transport und Bodenbearbeitung. Durch ungezügelte Ausweitung von Flächen für die Erzeugung von Agro-Sprit würde diesen Tieren zunehmend die Nahrungsgrundlage entzogen: eine Katastrophe für die klein strukturierte Landwirtschaft vieler tropischer und subtropischer Regionen. Weitere Hungersnöte wären die Folgen. Krass ausgedrückt: Die Produktion von Agro-Sprit ist ein Schuss in den Ofen.
In der Diskussion um die Bereitstellung von Energie werden die Gesamtaufwendungen häufig verschwiegen. Dies gilt auch bei den erneuerbaren Energien: Welche Mengen an Rohstoffen und Energien sind verbraucht worden, bevor ein Windrad das erste Kilowatt produziert? (Im Extremfall wäre das für den Stahl benötigte Eisen in Brasilien mit aus Urwaldbäumen gewonnener Holzkohle verhüttet worden, und der Kies für den Beton wäre illegal in einem Naturschutzgebiet gefördert worden.) Dies ist keineswegs ein Plädoyer für Akws oder Kohlekraftwerke, deren Energiebilanz miserabel ist.
Unabdingbar ist zukünftig ein äußerst sparsamer Umgang mit Ressourcen jeder Art und krasses Drosseln des Energiekonsums insbesondere der wohlhabenden Länder. Dabei gilt für Politiker, endlich Farbe zu bekennen, auch (böswillige) Ignoranten wie die USA und China bloßzustellen, wenn’s sein muss auch vor den Kopf zu stoßen. Derartige politische Offenheit setzt allerdings eine Änderung unserer Wirtschaftsweise, unseres Systems voraus. Intelligente Wirtschaftssysteme sind vonnöten. Diese zu etablieren, sollten Politiker ihre Fantasie und Kraft einsetzen.
REINHARD SCHARNHÖLZ, Kerpen