: Ein Baum kann dich nicht denunzieren
„Zhao & Yang – Die Unbeirrbaren“ von Monika von Behr & Fang Yu erzählt von zwei chinesischen Malern
„Und dann haben wir begonnen, Landschaften zu malen. Ein Baum kann dich nicht denunzieren!“ So beschreibt ein chinesischer Künstler seine Reaktion auf die Kulturrevolution. Natürlich hatten er und sein Freund in dieser grausamen Zeit noch viel Schlimmeres zu erdulden, und in dieser Dokumentation erinnern sie sich daran mit dem Gespür von Malern für das treffende Detail. Aber sie haben sich nicht verbiegen lassen und immer weiter schöpferisch gearbeitet. Auch heute noch malen Zhao Wenliang und Yang Yushu so unabhängig und eigensinnig wie seit 50 Jahren. Und inzwischen ist für sie die Macht des Geldes eine ähnlich große Bedrohung wie einst die kommunistische Ideologie. Denn mit der gleichen Sturheit verweigern sie sich heute den Gesetzen des Kunstmarktes. Sie verkaufen keines ihrer Bilder, leben äußerst ärmlich von den Zuwendungen einiger ehemaliger Schüler und haben mit ihren inzwischen über 3.000 Gemälden ihre winzige Mietwohnung in einem Pekinger Plattenbau gefüllt. Da ist dann das Hervorkramen eines einzelnen Werkes ebenso erhellend und interessant wie schließlich der Blick auf das Bild selbst. Ja, man kann Zhao & Yang durchaus als ein Gesamtkunstwerk ansehen, von dem ihre eigenen Werke nur ein Teilaspekt sind.
Dies ist auch der Ansatz der in Bremen lebenden Filmemacherin Monika von Behr, die zusammen mit dem Chinesen Fang Yu ein poetisches Portrait der beiden gedreht hat. Natürlich werden da viele ihrer Bilder in die Kamera gehalten, und diese überraschen immer wieder dadurch, dass sie für unsere Augen so europäisch wirken. Sie sind gegenständlich, fangen flüchtige Stimmungen ein und erinnern am ehesten noch an die französischen Expressionisten des 19. Jahrhunderts. Die moderne Kunst, der sozialistische Realismus sowie der pathetische Plakatstil, der bis heute die Bilderwelt der Volksrepublik China bestimmt, wurden von den beiden Eigenbrötlern radikal ignoriert. Als Autodidakten haben sie sich gänzlich isoliert in einem ganz eigenen Stil entwickelt, und dennoch ist es leicht, einen Zugang zu diesen Bildern zu finden. Sie wirken unmittelbar auf den Betrachter, zeigen die kleinen Dinge des Alltags oder das Gesicht eines jungen Freundes, der in den Unruhen der Kulturrevolution verschwand. Und die beiden sind inzwischen so zu einer künstlerischen Einheit verschmolzen, dass höchstens noch sie selber unterscheiden können, wer von ihnen jeweils ein Bild malte.
Zum Teil ist der Film eine erzählte Biografie der beiden. Zhao und Yang galten als Kinder von so genannten „Konterrevolutionären“ von Jugend an als „bourgeois“ und waren zu einem Leben als Außenseiter verdammt. Wie sie dies als eine Chance verstanden, und sich durch ihr gemeinsames Malen eine eigene Welt schufen, in der sie gegen alle Widrigkeiten ein innerlich reiches Leben führen konnten, zeigen von Behr und Fang Yu auch in vielen ihrer Selbstzeugnisse, seien es nun Gemälde, Zeichnungen, Fotos oder Videoaufnahmen. Besonders spannend wird der Film aber immer dann, wenn die Regisseure versuchen, selbst mit der Kamera in einem den beiden entlehnten Stil zu malen. Immer wieder gibt es solche Impressionen vom Alltag im winterlich kalten Peking: Von Eisläufern auf einem zugefrorenen Teich etwa, oder von tanzenden Paaren. Es ist nie ganz hell auf diesen Bildern, denn der Smog lässt in Peking die Sonne kaum durchscheinen. Braun- und Grautöne herrschen vor – genau wie in den Gemälden von Zhao & Yang, auf denen man wohl kaum ein reines, helles Rot entdecken wird. Wilfried Hippen