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Archiv-Artikel

Die Frage nach dem Ob

ÜBERWACHUNG Die Vorratsdatenspeicherung soll kommen. Die Koalition diskutiert nur noch über mögliche Einschränkungen. Ein Überblick.

Die Behörden brauchen die Daten weniger, um wegen Terror zu ermitteln

FREIBURG taz | SPD-Chef Sigmar Gabriel tut so, als werde die Vorratsdatenspeicherung auf jeden Fall kommen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) müssten sich nur noch über die Details einigen. In der SPD wird seither vor allem über die Bedingungen diskutiert, die man stellen will. Hier die acht wichtigsten Vorschläge:

Karlsruher Vorgaben beachten: Im März 2010 hat das Bundesverfassungsgericht das seit 2008 geltende deutsche Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung für nichtig erklärt. Für eine Neuauflage verlangten die Richter besseren Schutz der bei den Telekomfirmen gespeicherten Daten. Außerdem dürfe die Polizei die Daten nur zum Schutz „überragend wichtiger Rechtsgüter“ abfragen. Und schließlich dürften Daten, die den Kontakt zu anonymen Beratungsstellen dokumentieren, nicht an die Polizei übermittelt werden. Diese Vorgaben sind für den Bundestag verbindlich, sie sind also gar nicht verhandelbar.

Luxemburger Vorgaben beachten: Im April 2014 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig erklärt, da sie sich nicht auf das „absolut Notwendige“ beschränke. Der EuGH kritisiert eine Vielzahl von Punkten, die „in ihrer Gesamtheit“ zur Beanstandung der Richtlinie führten. Unter anderem äußerten die EU-Richter generelle Zweifel an anlassloser Datenspeicherung. Die EuGH-Vorgaben sind zwar nur für EU-Gremien verbindlich, könnten für Deutschland aber politisch vereinbart werden. Je nach Auslegung des EuGH-Urteils wäre dann aber gar keine Vorratsdatenspeicherung möglich.

Nur drei Monate Speicherzeit: Schon im schwarz-roten Koalitionsvertrag heißt es, dass eine Verkürzung der Speicherfrist von sechs auf drei Monate angestrebt wird. Da es keine EU-Vorgabe mehr gibt, kann Deutschland die Speicherfrist jetzt frei wählen. Datenschützer halten allerdings allenfalls eine ganz kurze Frist von maximal zwei Wochen für akzeptabel.

Ausnahmen für Anwälte, Ärzte und Journalisten: Der EuGH hatte moniert, dass eine Ausnahme für Berufsgeheimnisträger fehlt. Er meint wohl, dass schon die anlasslose Speicherung dieser Daten problematisch ist. Die SPD forderte in ihrem Parteitagsbeschluss 2011 nur ein Verwertungsverbot für solche Daten. Sie dürften also gespeichert, aber von der Polizei nicht abgerufen werden.

Richtervorbehalt: Die Forderung ist banal. Schon in der EU-Richtlinie und im deutschen Umsetzungsgesetz, das von 2008 bis 2010 galt, war ein Richtervorbehalt für die Abfrage der Daten vorgesehen.

Abfrage nur bei schweren Straftaten: Damit würde eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt, wobei Karlsruhe offen ließ, wann eine Straftat „schwer“ ist. Außerdem gilt die rechtliche Schwelle nicht für die Zuordnung von IP-Adressen. Die Sicherheitsbehörden halten wenig von einer Begrenzung auf schwere Delikte. Sie brauchen die Vorratsdatenspeicherung weniger, um gegen Terroristen zu ermitteln, sondern für Straftaten, die vor allem im Internet Spuren hinterlassen, etwa beim Austausch von kinderpornografischen Bildern und bestimmten Betrugsdelikten.

Keine Speicherung von Standortdaten: Bisher gehörte zur Vorratsdatenspeicherung, dass auch die Standortdaten aller Mobiltelefone monatelang gespeichert werden. Die rechtspolitische Sprecherin der CDU, Elisabeth Winkelmeier-Becker, schlug 2014 vor, darauf zu verzichten. Die SPD forderte 2011 nur, die Standortdaten nicht für Bewegungsbilder zu benutzen.

Keine Speicherung von Telefondaten: Der Exbundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hatte vorgeschlagen, nur die IP-Adressen (kurzzeitig) auf Vorrat zu speichern. Denn hier hat die Polizei den größten Bedarf. Telefonverbindungsdaten brauche die Polizei viel seltener und oft seien sie bei den Firmen ohnehin vorhanden.

Keine Vorratsdatenspeicherung: Auch wenn derzeit vor allem über das Wie einer Vorratsspeicherung diskutiert wird, ist auch noch nicht sicher, ob das umstrittene Instrument überhaupt eingeführt wird. „Das ist noch nicht entschieden“, hieß es am Dienstag aus dem Justizministerium von Heiko Maas.

CHRISTIAN RATH