„Ein großer Sieg für das nationale Lager“

ERGEBNIS Israel stehen weitere vier Jahre unter Benjamin Netanjahu bevor. Palästinenser drohen mit Ende der Zusammenarbeit

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Die Parlamentswahl in Israel am vergangenen Dienstag endete mit 30 Mandaten für das rechte Bündnis Likud von Premierminister Netanjahu – und nur 24 für seinen Herausforderer Izchak Herzog vom Zionistisches Lager. „Wir haben einen großen Sieg für das nationale Lager und für unser Volk erreicht“, jubelte Netanjahu noch in der Nacht. Er sei stolz auf die Israelis, die wissen, was wichtig ist: „wahre Sicherheit, Wirtschaft und sozialer Wohlstand“. All dem seien er und seine Regierung verpflichtet.

Der unterlegene Herzog wünschte dem Wahlsieger viel Glück. Er selbst wolle die Partnerschaft mit Exjustizministerin Zipi Livni fortsetzen, um gemeinsam eine Alternative zu Netanjahus Likud aufzubauen. Das Zionistische Lager hatte in den Umfragen lange vorn gelegen. Dass der Likud das Rennen letztendlich doch für sich entschied, verdanken das Rechtsbündnis Stimmen von rechtsaußen.

Avigdor Lieberman, der scheidende Außenminister, ist mit seiner ultranationalen Partei Israel Beitenu infolge einer Korruptionsaffäre stark eingebrochen. In den vergangenen Tagen wechselten außerdem zahlreiche Wähler von der Siedlerpartei „Das jüdische Haus“ zum Likud. Parteichef Naftali Bennett musste sich mit ganzen acht Mandaten zufriedengeben und blieb damit weit hinter seinen Erwartungen zurück.

Einen Tag vor der Wahl hatte Netanjahu erstmalig öffentlich erklärt, dass es unter seiner Regierung keinen Palästinenserstaat geben werde. Für Saeb Erikat, den palästinensischen Chefunterhändler bei den Friedensverhandlungen, ist der Wahlsieg des Likud das Ergebnis einer „Kampagne, die sich auf Siedlungen, Rassismus, Apartheid und die Aberkennung grundsätzlicher Menschenrechte stützt“.

Um Israel für diese Vergehen zur Verantwortung zu ziehen, hatte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Ende vergangenen Jahres die Aufnahme Palästinas beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag beantragt. Die ersten Verfahren könnten im April aufgenommen werden. Dabei geht es um den völkerrechtswidrigen Siedlungsbau und um den Gazakrieg von 2014.

Erikat kündigte an, die Verfahren „zu beschleunigen und zu intensivieren“. Ob Abbas die Entscheidung der PLO umsetzen wird, die Sicherheitskooperation mit Israel aufzukündigen, blieb zunächst offen. Die islamistische Führung im Gazastreifen drängte nach dem Wahlsieg Netanjahus, der „kein Interesse an einer Lösung“ habe, erneut dazu, die Beziehungen „zur Besatzungsbehörde“ aufzukündigen.

Netanjahus Wahlsieg ist bitter für Israels Linke. Über lange Jahre habe „die rechtsnationale Regierung das Volk davon überzeugt, die Hoffnung zu verlieren“, kommentierte Tamar Sandberg von der Partei Meretz, die mit nur vier Mandaten knapp den Einzug ins Parlament schaffte. Parteichefin Sahava Galon zog mit ihrem Rücktritt die Konsequenz aus der Misere.

Oppositionskandidat Herzog hatte die Hoffnung bis Mitternacht nicht aufgeben wollen. Dann gestand er ein, dass sein Traum, es Jitzhak Rabin gleichzutun, der in den 1990er Jahren den Friedensprozess eingeleitet hatte, geplatzt ist.

Der erneute Rechtsruck kommt so überraschend wie umfassend. Netanjahu wird keine Probleme haben, eine Koalition zu bilden. Schon im Vorfeld der Wahlen hatte er seinem früheren Parteifreund Mosche Kachlon den Posten des Finanzministers versprochen. Kachlon war mit seiner Einthemenpartei Kulanu (Wir alle), die sich mehr soziale Gerechtigkeit zum Ziel setzt, zum ersten Mal zu Wahlen angetreten und erreichte aus dem Stand zehn Mandate.

Naftali Bennetts rechtsextreme Siedlerpartei ist ebenso Avigdor Liebermans Organisation natürlicher Partner des Likud. Zusammen mit der orientalisch-orthodoxen Schas und der ultrareligiösen Partei Judentum und Thora kann Netanjahu eine stabile Mehrheitsregierung bilden, in der er Kritik von links nicht zu fürchten braucht.

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