: Umweltschützer gesucht
Zur Klimaschutz-Demo am Samstag erwarten die Veranstalter 10.000 Teilnehmer. Beobachter sind aber skeptisch, dass die Mobilisierung klappt
Die Klima-Allianz aus Umweltverbänden, Menschenrechtsorganisationen und Kirchen ruft am Samstag zur Demonstration für den Klimaschutz auf. Los geht’s um 14 Uhr am Lustgarten. Die Route verläuft über die Friedrichstraße und das Reichstagufer bis zum Bundeskanzleramt. Um 15 Uhr findet am Brandenburger Tor ein Bühnenprogramm statt. Als Redner haben sich unter anderem die indische Umweltschützerin Vandana Shiva und die Bischöfin Margot Käßmann angekündigt. Als Abschlussaktion ist ein Lampionzug geplant. ALL
VON ANTJE LANG-LENDORFF
Der Anspruch ist kein geringer: Glaubt man den Initiatoren der Klima-Allianz, wird am Samstag ein „Startsignal für eine neue Klimaschutzbewegung“ gegeben. Während sich in Bali die Vereinten Nationen mit dem Fahrplan zur Reduzierung der Treibhausgase beschäftigen, sollen in Berlin die Menschen für den Klimaschutz auf die Straße gehen. Die Klima-Allianz, zu der zahlreiche Umweltverbände, aber auch evangelische Landeskirchen gehören, erwartet 10.000 Demonstranten.
Fragt sich nur, wie viele tatsächlich kommen. Der Bewegungsforscher Dieter Rucht vom Wissenschaftszentrum Berlin glaubt, dass sich der Andrang in Grenzen halten wird. „Die Leute haben das Gefühl, das Thema Klimaschutz ist oben angekommen.“ Angela Merkel stilisiere sich als Klimakanzlerin. Da sähen viele Bürger nicht die Notwendigkeit, sich selbst auf den Weg zu machen. Rucht verweist auf ein Problem, mit dem sich Veranstalter von Protesten an der Spree immer auseinandersetzen müssen: „Es gibt in Berlin 2.300 Demonstration pro Jahr. Die Konkurrenz ist groß.“
Auch der pensionierte Professor und Polit-Aktivist Peter Grottian hat Zweifel, ob am Sonnabend wirklich 10.000 Umweltschützer zur Klimaschutz-Demo gehen. „Viele Gruppen und Aktivisten müssen sich nach den G-8-Protesten in Heiligendamm erst einmal neu sortieren“, sagt er. G 8 sei ein Fixpunkt der Protestbewegung gewesen, zurzeit befinde man sich in einer Phase der Verunsicherung. „Die Mobilisierung in der Region wird deshalb schwach bleiben.“ Er selbst beteilige sich nicht an der Klima-Allianz.
Die Organisatoren der Demonstration sind trotz allem optimistisch. „Am Anfang lief die Mobilisierung schleppend an. Aber mittlerweile geht es gut“, sagt Christina Hering, die den Protestzug koordiniert. Sieben Busse sollen Teilnehmer aus anderen deutschen Städten nach Berlin bringen, die Bahn bietet für Demonstranten einen Sondertarif an.
Gründe für den Protest gibt es Herings Meinung nach genug: „Wir wollen auf die Widersprüche in der Politik aufmerksam machen“, sagt sie. Die Kanzlerin verkaufe sich zwar als Vorkämpferin für den Klimaschutz, neue Kohlekraftwerke würden aber trotzdem gebaut.
„Jeder, der es mit Klimaschutz ernst meint, sollte sich am Samstag zeigen“, sagt Tilmann Heuser vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die Teilnehmerzahl lasse sich schwer einschätzen, da Klima kein klassisches Demo-Thema sei. „Sicher ist es in Berlin auch schwieriger als anderswo, als Veranstaltung sichtbar zu werden.“ Der BUND hätte Plakate gedruckt und Postkarten verteilt. Jetzt hofft Heuser auf die Mund-zu-Mund-Propaganda.
Auf der Homepage von Attac Berlin suchte man am Dienstag vergebens nach einem Terminhinweis, obwohl sich die Globalisierungskritiker auch an der Demo beteiligen wollen. Ein Sprecher sagte: „Bis zum Samstag ist ja noch viel Zeit.“
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