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Archiv-Artikel

„Eltern fordern mehr ein“

BASIS Die Erzieherin Marion Balzk aus Dresden über ihren veränderten Alltag nach der Wende

Von ALE
Entwicklungsgespräche gab es früher auch, nur nicht so detailliert

Einen Bildungsplan für die Kita gab es auch in der DDR schon. Der wurde sehr stringent umgesetzt. War Mathematik dran – wir haben Mengenlehre gesagt –, haben alle Kinder der Gruppe das Gleiche geübt. Der Kindergarten war nötig, weil alle arbeiten gingen, aber in erster Linie war er auch eine Bildungseinrichtung.

Nach der Wende hat sich die Gesellschaft verändert, und auch an der Kita wurde vieles umstrukturiert. Der DDR-Bildungsplan galt nicht mehr. Die Betreuung stand, wie in der Bundesrepublik üblich, im Vordergrund.

Mit der Einführung des Sächsischen Bildungsplans im Jahr 2006 hat sich die gesellschaftliche Sicht auf den Beruf und auf das Kind erneut stark verändert.

Wir gehen heute viel individueller vor, wir beobachten das Kind, was es für Bedürfnisse, für Interessen und Themen hat.

Heute muss ich im gesamten Tageslauf viel mehr beobachten und dokumentieren. Ich mache mir immer Stichpunkte und formuliere diese später im Portfolio – so nennen wir die Mappen der Kinder – aus und schreibe Lerngeschichten dazu. In der Kinderkrippe fotografieren wir viel und machen oft Videobeobachtungen gerade in Vorbereitung auf die Elterngespräche.

Entwicklungsgespräche gab es früher auch, aber nicht so detailliert. Heute fordern unsere Eltern das richtig ein. Wir haben sehr gut ausgebildete Eltern. Das fordert uns auch. Ich muss mich auf die Gespräche gut vorbereiten, um auf Augenhöhe kommunizieren zu können.

An den Öffnungszeiten hat sich wenig verändert, wir haben von halb sieben bis halb sechs geöffnet. Wir lang gedienten Mitarbeiter haben uns hier in Dresden erkämpft, dass wir unsere alten Arbeitsverträge mit 40 Stunden behalten. Unsere neuen Mitarbeiter – und Dresden stellt massiv ein – werden nur mit Teilzeitverträgen eingestellt. Die gehen im Monat mit etwa 1.000 Euro nach Hause, und das nach einer fünfjährigen Ausbildung. Die freien Träger haben zum Teil eigene Tarifverträge, da bekommen die Kollegen noch bedeutend weniger. PROTOKOLL: ALE

■ Marion Balzk, 58 Jahre Erzieherin und Mitglied der AG der sozialpädagogischen Berufe, der GEW Dresden Gehalt: 3.300 Euro brutto Berufserfahrung: 40 Jahre