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Archiv-Artikel

Premier Cameron ist umzingelt

GROSSBRITANNIEN Auch im eigenen Land stößt die Isolationspolitik Camerons auf Kritik. Die hagelt es auch aus den europäischen Reihen. Den Euroskeptikern gefällt Cameron

„Das Drinbleiben und Blockieren ist falsch und gefährlich“

DANNY COHN-BENDIT

LONDON dapd/dpa/rtr | Nach seinem spektakulären Nein zu einer Änderung der EU-Verträge hat der britische Premier David Cameron im Parlament seine Entscheidung gerechtfertigt. Laut BBC betonte er, dass er die britischen Interessen und den Finanzmarkt London schützen müsse. Großbritannien müsse auch darauf drängen, dass die bisherigen Handelsregeln weiterhin beachtet würden, und zwar von allen EU-Mitgliedern. Cameron hatte beim EU-Gipfel in Brüssel am frühen Freitagmorgen auf einen Tauschhandel beharrt und damit beinahe die gesamte EU, vor allem aber Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy verärgert. Für seine Zustimmung zu den geplanten Änderungen in den EU-Verträgen wollte Cameron ein britisches Vetorecht bei künftigen Entscheidungen zum Finanzmarkt heraushandeln.

Massive Kritik an Camerons Alleingang übte auch der frühere britische Außenminister David Miliband. „Die Annahme, dass wir uns in Sachen Wirtschaftspolitik oder Außenpolitik etwas Gutes tun, wenn wir uns von unseren Nachbarn absetzen, ist wirklich töricht“, sagte Miliband dem Sender BBC Radio 4. Die EU-Kommissare schwankten in ihren Stellungnahmen zwischen harscher Kritik und vorsichtigem Optimismus.

EU-Währungskommissar Olli Rehn erklärte, dass auch die Londoner City, also Banker und Finanzinstitutionen, von der Finanzregulierung nicht verschont würden. „Das wird nicht passieren“, betonte er. Das britische Defizit werde genauso überwacht wie das anderer Staaten, auch wenn London bisher den Euro nicht eingeführt habe. Die Vize-Präsidentin der EU-Kommission, Viviane Reding, äußerte sich dagegen zuversichtlich, dass London beim neuen EU-Vertrag doch noch einlenke. „Aus der Erfahrung wissen wir, dass die sich immer etwas zieren und dann nach einer Brücke Ausschau halten, um doch noch dabei zu sein“, sagte Reding dem Sender MDR Info. Wie lange das dauere, könne sie nicht sagen. „Die Briten brauchen uns mehr, als wir die Briten brauchen.“

Harsch ins Gericht mit den Briten ging dagegen der Fraktionschef der Grünen im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit. Großbritannien könne nicht immer nur auf die Bremse treten. „Jetzt müsste er (Cameron) konsequenterweise zulassen, dass es in Großbritannien einen Volksentscheid gibt, ob das Land in der Europäischen Union bleibt oder nicht. Aber das Drinbleiben und die Entwicklung der EU zu blockieren ist falsch und gefährlich. Und er ist zu feige, diese Auseinandersetzung in England zu führen“, sagte Cohn-Bendit im rbb-Inforadio.

Der britische Politologe Anthony Glees hält deshalb sogar einen Austritt Großbritanniens aus der EU für möglich. „Wenn man nach 50 Jahren europäischer Zusammenarbeit immer noch skeptisch ist, dann ist man eigentlich nie für die Europäische Union zu gewinnen“, sagte der Professor aus Buckingham im Deutschlandfunk.