Neuer Mann mit großen Plänen

Christine Bergmann und er kennen sich gut: Johannes-Wilhelm Rörig war von 1990 bis 2000 – mit drei Jahren Unterbrechung – Bergmanns Büroleiter: in ihrer Zeit als Stadtverordnete und Senatorin in Berlin und später als SPD-Frauenministerin unter Kanzler Gerhard Schröder.

Die ehemalige Beauftragte zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs muss den Betriebswirt, Juristen und Ministerialdirigenten sehr geschätzt haben. Sie hat ihn, als sie das Amt Ende Oktober niederlegte, als ihren Nachfolger vorgeschlagen.

Rörig, der seit 1. Dezember auf Bergmanns Stuhl sitzt und sich am Dienstag der Öffentlichkeit vorstellte, tritt ein schweres Erbe an. Christine Bergmann kennt jeder. Von Rörigs Existenz wussten bis zur Übernahme der Stelle, die beim Familienministerium angesiedelt ist, in dem er Unterabteilungsleiter war, selbst viele seiner KollegInnen nicht.

Der 52-jährige Vater zweier Kinder hat sich viel vorgenommen für die kommenden zwei Jahre: Er will nicht nur all das fortsetzen, was Bergmann angeschoben hat, darunter die stark beanspruchte Telefonhotline. Er will vor allem eigene Akzente setzen: Im Herbst 2012 soll ein Onlinehilfsportal starten, er will genau beobachten, wie die Empfehlungen des runden Tischs zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle umgesetzt werden, und sich regelmäßig mit Betroffenen treffen. Außerdem will er einen Fachbeirat berufen, dem auch Christine Bergmann beisitzt. Und er plant, bei schwierigen aktuellen Missbrauchsfällen aktiv einzugreifen.

Rörig wirkt ruhig, aber entschlossen. Als Erstes hat er den Namen der Stelle verändert, die jetzt „Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ heißt. Jetzt gehe es nicht mehr so sehr um die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, sondern darum, die Empfehlungen des runden Tischs umzusetzen, sagte er.

Dass sich der drahtige Mann durchzusetzen weiß, zeigt allein, wie er mit seinem Arbeitgeber ausgehandelt hat, dass er tatsächlich weisungsfrei ist. Rörig: „Das wurde mir felsenfest garantiert.“ Gefällt das dem Ministerium? Es setzte zur selben Zeit, in der sich Rörig vorstellte, ebenfalls zwei Pressekonferenzen an.

SIMONE SCHMOLLACK