: „Eine zukunftsfähige Basis“
DISKUSSION Von Ebola als einer Krankheit der Verhältnisse spricht der Verein Alltagskultur
■ 48, vom Verein für Internationalismus und Kommunikation, ist Mitorganisator der Veranstaltung „Ebola – eine Krankheit der Verhältnisse“.
taz: Herr Kaschinski, was läuft falsch im internationalen Gesundheitssystem?
Kai Kaschinski: Armut ist immer noch ein Hauptgrund für Krankheit. Das betrifft die sozialen Verhältnisse wie auch das Gesundheitssystem an sich. Vielen Menschen im globalen Süden fehlt bis heute die einfachste medizinische Grundversorgung.
Was hätten die internationalen Institutionen bei der Ebola-Epidemie anders machen müssen?
Innerhalb der internationalen Institutionen und bei den Programmen, wie sie auf dem diesjährigen G 7-Treffen in Deutschland besprochen werden, hätte mehr Wert auf den Aufbau der medizinischen Systeme in Westafrika gelegt werden müssen. Man hätte schon lange eine eigenständige und zukunftsfähige Basis für die regionalen Gesundheitssysteme schaffen müssen. Stattdessen hat man Kürzungen bei freien Haushaltsmitteln der Weltgesundheitsorganisation vorgenommen und die Gelder an Programme gebunden, auf die die Geberstaaten direkt Einfluss hatten.
Inzwischen gilt die Ebola-Epidemie in Westafrika als beinahe überwunden. Doch am vergangenen Wochenende ab es wieder einen neuen Fall.
Wenn man die strukturellen grundlegenden sozialen und ökonomischen Probleme in den Blick nimmt, ist die Krise der Gesundheitssysteme in Westafrika mit dem aktuellen Rückgang der Ebola-Fälle noch lange nicht behoben. Malaria und Tuberkulose breiten sich immer weiter aus und die Ebola-Epidemie wird weitreichende gesellschaftliche Spätfolgen nach sich ziehen.
Es sind vor allem Epidemien, die die mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Es ist bedauerlich, dass Ebola besonders deshalb große Aufmerksamkeit erregt, weil die Frage aufgeworfen wurde, inwieweit die Globalisierung und die mit ihr gestiegene Mobilität Infektionen in Europa mit sich bringt. Die Unruhe, die dadurch hier entsteht, lenkt den Blick in eine völlig falsche Richtung. Was wir brauchen, ist ein Mehr an Solidarität im globalen Gesundheitswesen und kein Mehrklassensystem. INTERVIEW: LKA
20 Uhr, Kommunikationszentrum Paradox, Bernhardstr. 10–12