DAS WIRD DER MONAT, DER WIRD (4)
: Die dadendurstigen Loddars

VORSCHAU Heute mit greisen Junggolfern, dem Ende allen Sporttreibens in England, Joachim Löws Rücktritt und Dresdens stolzem „Drittliga Hool Award“

Wiesbaden, 2. April: Das Motto ist mäßig geschmackvoll („GoGeSa – Golfer Gegen Salongeriater“), die Empörung aber echt und groß. Tausende Aktive demonstrieren vor dem Sitz des Deutschen Golf-Verbandes. Grund: Seit diesem Jahr zählt man schon mit 50 Jahren zu den Senioren, statt bislang mit 55. „Fünf Jahre früher wird man sagen müssen: Ich bin wirklich alt“, schimpft der Nachwuchs-Delegierte der Jungseniorenbundes. „Denn wer in unserem angeblichen Altherrensport offiziell als Senior gilt, der weiß doch, danach kommen nur noch Siechtum, Demenz und das Grab.“

Dortmund, 4. April: Im Abendspiel gegen Bayern München (0:4) schafft der BVB kurz vor Schluss die erste Torchance daheim seit Februar (2015). Ciro Immobile wird von 80.000 für seinen Fernschuss frenetisch gefeiert. Jürgen Klopp: „Ich habe immer gesagt, das ist ein guter Junge. Wir sind auf dem richtigen Weg.“

London, 10. April: Der englische Sport meldet sich von allen internationalen Veranstaltungen ab. Auslöser ist das jämmerliche Vorrundenaus der Cricket-Erfinder beim World Cup in Australien/Neuseeland und – „all out“ – im Fußball das Komplettscheitern erst bei der WM, jetzt auch noch in Champions und Europa League. „Wir können es einfach nicht mehr“, so ein Sprecher, „und werden uns auf unsere Heimatspezialitäten konzentrieren“ – etwa das traditionelle Ruderrennen Oxbridge – Camford am nächsten Tag, Kneipendart und den Strawberry-Marathon in Wimbledon.

Sakhir/Bahrain, 19. April: Ein sehr flaches rotes Motorvehikel gewinnt ein Wettfahren. Menschen freuen sich. Nebenan, im eifersüchtigen Weltsportmekkatar, setzt man auf Attacke: „Nicht nur die blöden Bahrainiheinis, auch die Kollegen in den Emiraten haben dieses Event – warum wir nicht?“ Man beschließt neben dem Zugriff auf das IOC (1. Olympische Indoor-Winterspiele 2021) auch eine Petrodollar-Attacke auf die Formel 1. „Ab 2016 wird Hockenheim katarisch.“

Kattowitz, 20. April: Beste Stimmung beim 1. Europäischen Fankonvent der Super-Ultras: „Wir blicken auf einen großen Randalewinter zurück, nicht nur bei uns in Polen“, heißt es umjubelt. Erstmals werden Preise vergeben: Der Goldene Böller von 120 Dezibel geht an die Schickeria Boyz ’n’ Gilrz Köln/Gladbach, die griechische Liga wird für das gewalttätigste Pyro-Gesamtkunstwerk ausgezeichnet. Tapferkeits-Medaillen gehen an Schlägertrupps aus elf Ländern, „die sich erfolgreich dem Bullenterror widersetzten“. Dresdens Tumultszene bekommt den „Drittliga Hool Award“. Die Veranstalter bedauern, dass „vielen unserer deutschen Freunde wegen anderweitiger Verpflichtungen an diesem Tag“ die Teilnahme am Event nicht möglich war.

Schloss Münchweiler, 25. April: Bei postwinterlichem Eiswind lädt der Lichtbund Saar auf sein „paradiesisch anmutendes Vereinsgelände“ zu den jährlichen Südwest-Meisterschaften im Nudisten-Pétanque. Die Veranstaltung endet im Eklat, weil Titelverteidiger Franz-Josef Klack (78) seine Adiletten abzulegen vergisst und wegen „dieses Verstoßes gegen das Gebot natürlicher Nacktheit“ disqualifiziert wird. Kleidung aller Art sei, erklärt der Landeszwangsnacktenverbandsvorsitzende, „unter Freikörperkulturisten ebenso tabu wie unbekleidete Beter im Speyerer Dom“.

Frankfurt, 28. April: Nach dem „högscht ehrenwerten Rücktritt“ (Süddeutsche Zeitung) von Bundestrainer Joachim Löw wegen seiner Verstrickungen als Aktiver in den Freiburg-Stuttgarter Dopingskandal („Jogis Heimatspritzen“) sucht der Fußballbund „mit Nachdruck“ einen Nachfolger, so Wolfgang Niersbach, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes. Dieser wird derweil Nachfolger seiner selbst – sein Ehrenamtsposten methamorphosiert sich in einen bezahlten CEO-Job „mit branchengerechtem Ethik-Gehalt“. Die Pensionsansprüche verdoppeln sich dadurch: „Mein ausdrücklicher Dank geht an den Initiator Herrn Vierziger.“

Berlin, 29. April: Auf einer eilig einberufenen internationalen Pressekonferenz erklärt der ewige Lothar Matthäus, er stünde „als dadendurstiger Bundesdrainer“ ab sofort und somit auch für die Weltmeisterschaft 2022 bereit – „ob bei einem Heiligabend-Endspiel oder sommers bei 100 Grad im Schatten.“ Der Boulevard ist beglückt, vereinzelt schafft es das Bekenntnis sogar bis in die Sportteile regionaler Zeitungen. Gute Nachricht gibt es auch aus Loddarmadäusses Privatleben. Die Ehe mit sich selbst (siehe taz vom 2. 3.) halte bislang: „Dem Lothar, meinem Ego und mir geht es blendend.“

BERND MÜLLENDER