Jugendclub lieber ohne Alkohol

Per Internet, Briefwahl und auf Bürgerversammlungen bringen die Lichtenberger ihre Ideen für den Haushalt ein

Im Januar wartet eine interessante Lektüre auf die Bezirksverordneten von Lichtenberg: die Ideen ihrer Bürger, wie das Steuergeld besser ausgegeben werden kann. Bis dahin sind die Vorschläge durch mehrere Filter gelangt: Bis Oktober konnten die Lichtenberger zunächst ihre Ideen einreichen – schriftlich, persönlich oder im Internet.

Anschließend hat ein Redaktionsteam die Vorschläge gesichtet und zusammengefasst. Nun konnten die Bürger auch noch darüber abstimmen, welche Vorschläge ihnen besonders wichtig sind.

Die erste Möglichkeit für diese Abstimmung war die sehr informative Seite www.buergerhaushalt-lichtenberg.de. Wer sich dort registrierte, erhielt fünf Stimmen, um für oder gegen einzelne Ideen zu votieren. Vorbildlich auch, dass die Mitarbeiter der Verwaltung hier fleißig mitdiskutierten und so zu fast allen Ideen zusätzliche Hintergrundinformationen und ihre Sichtweise einbrachten.

Auch die Lichtenberger ohne Internet konnten sich beteiligen – auf einer der Bürgerversammlungen. Die letzte war im Dezember. Da informierten die Mitarbeiter des Bezirksamtes auch über die bisherigen Erfolge des Bürgerhaushaltes: den Umbau der Musik- und Volkshochschule Paul-Junius-Straße, neu aufgestellte Parkbänke und neue Radwege. 400 Lichtenberger stimmten dann noch über die Ideen für den kommenden Haushalt ab.

Die dritte Möglichkeit zur Beteiligung sind die Fragebögen, die das Bezirksamt an zufällig ausgewählte Haushalte verteilt. „Damit wollen wir das Verfahren repräsentativer machen“, erklärt Johannes Middendorf, Leiter des Personal- und Finanzservice im Bezirksamt. So solle verhindert werden, dass kleine Gruppen viele Leute mobilisieren und laut ihre Ansprüche zur Sprache bringen, obwohl diese nicht im Interesse der Mehrheit sind.

Nachdem die Bezirksparlamentarier die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung erhalten, werden diese zunächst in den Ausschüssen beraten. Im März 2008 fällt dann die Entscheidung, was in die Beratungen für den Haushalt 2009 übernommen wird.

Gute Chancen hat zum Beispiel die Idee mit dem alkohol- und drogenfreien Jugendclub mit Proberäumen, der in der Allee der Kosmonauten: Der Vorschlag landete bei der Bürgerversammlung und im Internet auf Platz eins und kam auch bei der Haushaltsbefragung auf einen guten 13. Platz. Jugendliche aus dem Bezirk hatten sich hierfür besonders stark gemacht.

Ebenfalls häufig gewünscht: mehr Angebote in der Musikschule, Beseitigung von Graffiti an den Seniorenbegegnungsstätten in Lichtenberg.

Wenig erfreut von dem Verlauf des Verfahrens werden dagegen die Vietnamesen in Lichtenberg sein: Der Vorschlag, für die Bibliotheken auch Bücher in ihrer Heimatsprache zu kaufen, landete abgeschlagen auf einem der letzten Plätze.

Für Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich (Linke) hat sich der Bürgerhaushalt bewährt. Gewünscht hätte sie sich allerdings auch, dass die Lichtenberger nicht nur Ideen zum Geldausgeben haben, sondern auch für Einsparungen. Daran haperte es aber komplett.

SEBASTIAN HEISER