: Proteste gegen die „Republikaner“
■ Mehr als 10.000 Menschen demonstrierten gestern gegen die Wahl der rechtsradikalen Partei / Bereits am Sonntag abend kam es zu einer spontanen Demonstration in der Innenstadt / SEW fordert Nachhilfeunterricht in Geschichte für 120.000 Berliner
Über 10.000 Menschen demonstrierten gestern abend gegen die Wahl der „Republikaner“. Dazu aufgerufen hatte ein Bündnis gegen Faschismus und Rassismus. Unterstützt wurde der Aufruf von AL und SPD. Um 17 Uhr hatten sich die DemonstrantInnen am Breitscheidtplatz versammelt und zogen durch Schöneberg in Richtung Rathaus. „Zusammenlegung der Republikaner mit ihren alten Kriegskameraden“ lautete eine Forderung. Bis Redaktionsschluß verlief die Demonstration ohne Zwischenfälle. Die Polizei griff nicht ein.
Neben SPD und AL waren vor allem auch Gewerkschaften vertreten. Die IGMetall, die IGDruck und die Gewerkschaften HBV und ÖTV waren durch ihre Transparente zu erkennen. Auch die Autonomen nahmen an der Demonstration teil, formierten jedoch keinen Block.
Auf Transparenten forderten die Demonstranten das Verbot der „Republikaner“. Die SEW erinnerte an den Nationalsozialismus und den Tag der „Machtergreifung“. 120.000 Berliner bräuchten Nachhilfeunterricht in Geschichte, so ein Sprecher der SEW. Offenbar hielten sich am Rande der Demonstration auch Sympathisanten oder Wähler der „Republikaner“ auf. „Kann man denn gegen eine demokratische Volksentscheidung demonstrieren“, wurde einer der Demonstranten gefragt.
Die „Republikaner“ reagierten noch am Abend auf die Demonstration. „Wir lassen uns von linksextremen Zusammenrottungen nicht einschüchtern“, ließ der Bundesvorsitzende Schönhuber aus München verlauten.
Bereits am Sonntag abend demonstrierten rund 10.000 Menschen nach den ersten Trendmeldungen gegen den Einzug der „Republikaner“ ins Rathaus. In „spontaner Betroffenheit“, so ein Teilnehmer, fanden sich zunächst rund 3.000 Leute auf dem Rathausplatz ein und gaben mit Sprechchören und Transparenten („Kampf dem Faschismus - heute mehr denn je“) ihrem Protest Ausdruck. Der Landeswahlleiter Günther Appel wurde nach Auskunft seines Fahrers von den Demonstranten vor dem Rathaus aufgehalten. Sie sollen sich auf die Kühlerhaube des Dienstwagens gesetzt haben, um ihn am Weiterfahren zu hindern. Die Verkündung des vorläufigen amtlichen Endergebnisses der Wahl wurde dadurch verzögert.
Der anschließende spontane Demonstrationszug wurde von einem starken, aber zurückhaltenden Polizeiaufgebot begleitet. Mit Rufen wie „Nazis raus“ und „Nazis vertreiben
-Ausländer bleiben“ führte der Zug über den Kurfürstendamm zurück zum Rathaus Schöneberg. Auch viele ausländische Bürger und ältere Berliner schlossen sich der Demonstration an, nachdem sie von dem Wahlerfolg der „Republikaner“ im Fernsehen erfahren hatten. Augenzeugen berichteten, daß auf der Route die Scheiben von zwei Sexshops und einer Bank zu Bruch gingen sowie die Fensterfront eines Supermarktes demoliert wurde. Weitere Zwischenfälle wurden nicht gemeldet. Die Demonstration verlief friedlich.
bf/du
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