: Die Wahl macht den Kohl fetter
■ Überraschender Wahlerfolg für die Allianz / 41% für die CDU, 22% für die SPD, keine 5% für die Gruppierungen der November-Revolution - die DDR hat den Anschluß an die BRD gewählt
„Ich hoffe, daß wir schon im Sommer mit richtigem Geld reisen können“, erklärte der Spitzenkandidat Lothar de Maiziere in der Wahlnacht vor seiner jubelnden Parteifete. Fünf Monate nach der 40-Jahr-Feier der SED-Republik hat sich die CDU in der DDR zu einer Partei gemausert, die von der Struktur ihrer Mitglieder und ihres Massenzulaufes der bundesdeutschen CDU vergleichbar ist.
„Ich hoffe, daß wir schon im Sommer mit richtigem Geld reisen können“, erklärte der Spitzenkandidat Lothar de Maiziere in der Wahlnacht vor seiner jubelnden Parteifete. Fünf Monate nach der 40-Jahr Feier der SED-Republik hat sich die CDU in der DDR zu einer Partei gemausert, die von der Struktur ihrer Mitglieder und ihres Massenzulaufes der bundesdeutschen CDU durchaus vergleichbar ist. Der SPD -Politiker Steffen Reiche meinte, hier sei nicht die alte Blockpartei, sondern die Bundesregierung gewählt worden. Und während Bundeskanzler Kohl vor dem Fernsehen in Bonn deutlich machte, daß ihm in der DDR eine große Koalition am liebsten wäre, mochte der CDU-Spitzenkandidat nicht einmal den Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten für sich formulieren. Da es um verfassungsändernde Mehrheiten gehe, betonte Maiziere immer wieder, brauche man einen sehr breiten Konsens.
Der SPD-Spitzenkandidat Böhme signalisierte seinerseits Bereitschaft zu einer großen Koalition, in die er als Person allerdings nicht eintreten will. Willy Brandt meinte zu dem Wahlausgang, da sei die deutsche Einheit „rasch und ohne Wenn und Aber“ gewählt worden.
Die beiden prominenten Vertreter der PDS, Gregor Gysi und Ministerpräsident Modrow, hatten mit einem noch schlechteren Ergebnis für ihre Partei gerechnet und waren also einigermaßen zufrieden. Das Ergebnis zeige, daß die PDS „große Fortschritte im Prozeß der Erneuerung“ mache, meinte Gysi. Für den Kommunismus, der auf dem Wahlzettel als KPD angeboten war, stimmten nach 40 Jahren realer DDR noch 0,08% der WählerInnen.
Die Basisgruppierungen, deren VertreterInnen die populären Sprecher der Volksbewegung in den Wochen der Wende gewesen waren, sind alle unter 5% geblieben. Wolfgang Ullmann von „Demokratie Jetzt“ ist bitter enttäuscht vom Wahlausgang, Jens Reich sprach bescheiden von einem „Achtungserfolg“, der es dem Bündnis 90 wenigstens ermögliche, seine Position in der Volkskammer darzustellen. Der Schriftsteller Stefan Heym erklärte, nach dieser Wahl werde von der DDR nichts übrig bleiben als eine „Fußnote in der Weltgeschichte“.
Der Sprecher der Grünen in der BRD, Ralf Fücks, räumte ein, daß die Zurückhaltung der Bonner Grünen, die im Gegensatz zu SPD und CDU die Eigenständigkeit der DDR-Gruppierungen respektiert hätten, von den WählerInnen nicht honoriert worden sei. Die „Dampfwalzenpolitik“ Kohls habe sich durchgesetzt, die DDR-Bevölkerung habe in großer Mehrheit die Selbstaufgabe der DDR gewählt.
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