: Sparen und ausgeben – die Krise bleibt
■ Bundesbank warnt vor höherer Staatsquote / Keine Wende
Berlin (AP/taz) – Für die Bundesbank ist ein wirtschaftlicher Aufschwung derzeit nicht in Sicht. Zwar gebe es einige Lichtblicke am Konjunkturhimmel. Die leichte Zunahme der Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal signalisiere aber noch keine Trendwende, heißt es im jüngsten Monatsbericht. Die Banker diagnostizieren Unsicherheiten im Exportgeschäft und die anhaltende Investitionsschwäche im Inland.
Vor allem die Bauwirtschaft, lange kräftigster Konjunkturmotor, verliere in Westdeutschland an Schwung. Für die Konjunkturschwäche seien auch die angespannte Finanzlage des Staates und die deshalb geringer gewordenen Aufträge von Bund, Ländern und Gemeinden verantwortlich.
Abhilfe wissen die Volkswirte keine. Denn der Staat dürfe gar nicht mehr Geld ausgeben. Im Gegenteil: Die Belastung der Bürgerinnen und Bürger mit Steuern und Abgaben wird auch so schon 1995 einen neuen Rekordstand erreichen. Die Erhöhung der Mineralölsteuer Anfang 1994, steigende Sozialabgaben (Pflegeversicherung) sowie die erneute Einführung des Solidaritätszuschlages 1995 schraubten die Abgabenquote um weitere zwei Prozent nach oben. Schon im vergangenen Jahr hatte diese Quote mit 43,5 Prozent des Bruttosozialprodukts den höchsten Stand seit Bestehen der Bundesrepublik erreicht.
Für Konjunkturprogramme habe der Staat in dieser Situation einfach kein Geld mehr. 1993 sei mit einem Anstieg des Defizits auf 160 Milliarden Mark zu rechnen, dies seien 40 Milliarden Mark mehr als 1992. Werde der Kreditbedarf der Treuhandanstalt, der Bahnen und der Post hinzugerechnet, wachse der Fehlbetrag sogar auf 230 Milliarden Mark. 23 Prozent der Staatsausgaben gingen inzwischen für Zinsen drauf. Es sei deshalb entscheidend, daß die Regierung am eingeschlagenen Konsolidierungskurs festhalte.
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