: Dicke Polster für die Zukunft
■ IG Metall setzt auf Autonomie und Mobilisierungsfähigkeit / Sie baut auf ihre Kampfkraft auch in Krisenzeiten / Kassenbericht bescheinigt immense Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen
Von Martin Kempe
Hamburg (taz/ap) - Die Industriegewerkschaft Metall hatte in den vergangenen drei Jahren bewiesen, daß sie auch unter Krisenbedingungen kampf– und durchsetzungsfähig ist. Diese Feststellung des designierten ersten Vorsitzenden Franz Steinkühler in seinen mündlichen Ergänzungen zum Geschäftsbericht wurde von den Delegierten des IG–Metall– Gewerkschaftstages am Montagmorgen in Hamburg dankbar beklatscht. Unter dem Eindruck der Vorgänge um die Verhaftung des GAG–Vorsitzenden Alfons Lappas hat der Gewerkschaftstag sich am Montagmorgen seinen normalen Geschäften zugewandt. Aber die rechte Stimmung wollte dafür kaum aufkommen. Schon vorher hatte der erste Vorsitzende Hans Mayr hervorgehoben, dieser Kongreß werde gleichwohl kein Neue–Heimat– Kongreß werden. „Tut alles, was in Euren Kräften steht“, rief der scheidende Vorsitzende den Delegierten zu, „daß unsere IG Metall auch weiterhin eine autonome, handlungsfähige und durchsetzungsstarke Interessenvertretung bleibt, und daß sie auch weiterhin die Kraft hat, das Gesicht dieser Republik mitzuprägen“. Mayr kündigte für das Frühjahr eine harte Auseinandersetzung um weitere Arbeitszeitverkürzung an. Ohne Streikdrohung, so Mayr, „wären wir auf die Gnade und Barmherzigkeit der Arbeitgeber angewiesen“. Ohne „umfassende betriebliche und politische Mobilisierung“ werde es der IG Metall nicht gelingen, den begonnenen Weg der Arbeitszeitverkürzung und Arbeitsumverteilung erfolgreich zu Ende zu führen. Der Arbeitskampf von 1984 und auch die Protestwelle gegen den Paragraphen 116 verbuchen die Spitzenfunktionäre der IG Metall als Erfolg, obwohl sich die Bundesregierung mit dem Gesetzesvorhaben letztlich durchgesetzt hat“. Dennoch, so heißt es durchaus einhellig auf diesem Kongreß, habe die Organisation und darüber hinaus Teile des DGB eine Mobilisierungsfähigkeit bewiesen, die auch für die Zukunft Mut mache. Nach den Worten Steinkühlers, der als zweiter Vorsitzender in den letzten drei Jahren für Organisation zuständig gewesen ist, baut die IG Metall gegenwärtig ein Aus– und Weiterbildungssystem auf. Hiermit werde es gelingen, so Steinkühler, auch den anstehenden Generationswechsel unter den hauptamtlichen Funktionären so zu vollziehen, daß die Funktionsfähigkeit der Gewerkschaft nicht leide. Nach ihrem Finanz– und Kassenbericht ist die IG Metall nicht nur die größte Gewerkschaft der westlichen Welt, sondern auch eine der reichsten. Der Arbeitskampf um die 35–Stunden–Woche vor rund zwei Jahren kostete fast 400 Millionen Mark und weitere 100 Millionen Mark an Zinsausfällen. Dem stehen jedoch allein für 1984 Beitragseinnahmen von über 540 Millionen Mark gegenüber. Von 1983 bis 1985 zahlten die Metaller mehr als 1,6 Milliarden Mark in die Gewerkschaftskasse. IG–Metall–Kassierer Norbert Fischer errechnete für das Streikjahr 1984 eine Vermögensminderung von fast 208 Millionen Mark. Ein Jahr später konnte die Gewerkschaftskasse bereits wieder einen Vermögenszuwachs von 134 Millionen Mark verbuchen. Die Finanzkraft der größten DGB–Gewerkschaft schlägt sich auch in den Beiträgen nieder, die die Metallgewerkschaft an den DGB überweisen konnte. Für die Jahre 1983 bis 1985 verzeichnet der Kassenbericht in dieser Rubrik eine Summe von über 200 Millionen Mark. Im vergangenen Jahr allein waren es rund 71 Millionen Mark. Insgesamt 2,58 Millionen Metaller sind nach Fischers Angaben in der Gewerkschaft.
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