SPD stimmt gegen Ausstiegskurs

■ Namentliche Abstimmung im Bundestag über zwei Anträge der Grünen zu Siedewassereaktoren und Alkem / SPD stimmt trotz anderer Beschlußlage in Hessen mit CDU/CSU und FDP

Aus Bonn Oliver Tolmein

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die sechs bundesdeutschen Atomkraftwerke der Siedewasser–Bauart stillzulegen“. Diesem mit den Ergebnissen des TÜV–Gutachtens in Norddeutschland begründeten Antrag der Grünen mochte sich gestern die SPD–Fraktion nicht anschließen. Lediglich zwei Abgeordnete der SPD enthielten sich in der namentlichen Abstimmung ihrer Stimme - die anderen votierten für den Weiterbetrieb der AKWs Krümmel, Brunsbüttel, Gundremmingen, Ohu und Würgassen, bei denen bei einem schweren Störfall in weniger als 24 Stunden der Sicherheitsbehälter bersten kann. Durch die Verweigerung der Stimmabgabe zog sich der SPD Atomexperte Catenhusen aus der Affäre: „Ich hatte die Wahl, entweder für den Antrag der Grünen zu stimmen, oder aus Fraktionssolidarität gar keine Stimme abzugeben“. Auch SPD– Energieexperte Hauff gab sein Votum nicht ab. Noch eindeutiger fiel die na mentliche Abstimmung beim zweiten Entschließungsantrag der Grünen aus: Bei 404 abgegebenen Stimmen gab es keine Enthaltung und lediglich die 24 Grünen stimmten dafür, „die Plutoniumfabrik ALKEM in Hanau zu schließen und den dort Beschäftigten durch Umschulungsbeihilfen eine neue berufliche Perspektive zu eröffnen“. Sämtliche anwesenden SPD–Abgeordneten - Volker Hauff und Wolf–Michael Catenhusen gehörten nicht dazu - stimmten mit CDU/CSU und FDP dagegen. Pikant dabei: selbst Teile der hessischen SPD sind für die sofortige Schließung der Plutoniumfabrik Alkem. „Das wäre der erste Schritt, aus der Plutoniumwirtschaft auszusteigen“ kommentierte Matthias Küntzel von den Grünen den Antrag seiner Fraktion. Die SPD hatte dagegen in einem eigenen Entschließungsantrag eine Novelle des Atomgesetzes vorgeschlagen, nach der die „Bearbeitung und Vorbereitung von Plutonium „ nur noch „für bestimmte eng definierte Mengen“ zulässig sein soll. Außerdem beinhaltete der SPD–Antrag die sich allerdings als Druckfehler entpuppende Forderung, daß die Atomenergie nur noch bis spätestens 31.12.1986 eingesetzt werden sollte. „Gemeint ist natürlich 1996“ stellte der SPD–Abgeordnete Reuter vor dem Plenum richtig.