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P O R T R A I T Ein Zocker für das Kabinett

■ Mit der Berufung von Klaus Töpfer zum Umweltminister hat Bundeskanzler Kohl einen Meister der Selbstdarstellung, der Beschwichtigung und des Kartenspiels bestellt / Sein Sachverstand unterscheidet ihn von seinem Vorgänger

Von Felix Kurz

Mainz (taz) - „Die psychologische Dimension des Bluffens“ fasziniert Klaus Töpfer (CDU), den Noch–Umweltminister in Rheinland–Pfalz und voraussichtlichen Nachfolger von Walter Wallmann im Bonner Kabinett. Das sagt der Volkswirt und Honorarprofessor in Mainz für „Umwelt und Ressourcenökonomie“ von sich selbst zu seiner wahren Leidenschaft, dem Skatspielen. Im Zocken ist Klaus Töpfer unbestritten die Nummer Eins in Mainz. So ist das auch in der Politik von Klaus Töpfer. Der Mann weiß, wie er sich verkaufen muß. Er weiß, wie wichtig das ist. Schließlich legt er mehr Wert auf seine öffentliche Reputation und Präsentation als sein Kabinettschef Bernhard Vogel. Als Leiter der Abteilung Planung und Information unter dem inzwischen verstorbenen saarländischen Ministerpräsidenten Roeder sammelte er in diesem Metier von 1971–78 reichlich Erfahrung. Zu dieser Zeit war er auch CDU–Kreisvorsitzender in Saarbrücken. Der 46jährige soll nicht zuletzt deshalb aus der Position eines Bonner Ministers zum Lafontaine–Gegenspieler bei der nächsten Landtagswahl im Saarland 1990 aufgebaut werden. Langt es dort nicht, könnte er immer noch seinen „Entdecker“ Vogel ein Jahr später in Rheinland–Pfalz beerben. Mit Umweltkatastrophen und Skandalen wie beipielsweise der Glykolaffäre, die andere längst um ihren Posten gebracht hätten, schafft Töpfer es, sich immer wieder ins Gespräch zu bringen. Anders als der saarländische Umweltminister Jo Leinen (SPD) und sein Vorgänger in Bonn kann er wenigstens gewisse Kompetenzen vorweisen, die ihm selbst der politische Gegner im Lande nicht absprechen will. Der SPD–Sprecher im Landtag, Herbert Bermeitinger, hält Töpfer zwar zuallererst für einen „geschickten Windmacher und Nebelwerfer“ mit „viel Begabung, auf sich aufmerksam zu machen“. Doch Bermeitiger nimmt ihn „als politischen Gegner ernst“, weil er sich in Themen einarbeitet und an sich ein Arbeitstier sei. Töpfer war „der Baum unter den Büschen“ im Kabinett Vogel, meint der langjährige SPD–Sprecher. Als ehemaliger Direktor des Instituts für Raumforschung und Landesplanung an der Universität Hannover wurde er schon 1979 als Staatssekretär in das Ministerium für Soziales, Umwelt und Gesundheit berufen. 1983 exerzierte Bernhard Vogel Kohl vor, wie man ein Umweltministerium aus der Taufe hebt, und ernannte Töpfer zum ersten Umweltminister in Rheinland–Pfalz. Doch seit er dieses Amt ausübt, wird die Kluft zwischen ökologischem Denken und politischem Handeln immer größer. Nach den Katastrophen Tschernobyl und Sandoz und den Störfällen bei der BASF verfing immer wieder seine hochtrainierte Art der Beschwichtigung, verbunden mit einer kritischen Bestandsaufnahme. Den GAU in Tschernobyl verwandelte der Sprachkünstler in einer Rede vor 80 Siemens–Managern in eine „Aktualisierung des Hypothetischen“. Natürlich ist Töpfer auch für die Inbetriebnahme des AKW Mülheim–Kärlich und auch Cattenom fand seine Unterstützung. Der rheinland–pfälzische BUND hält den Professor immerhin für den kompetentesten unter den Umweltministern, der auch die ökologische Schieflage der Gesellschaft nicht verhehlt. Nur, der Mann will Karriere machen, und er weiß, daß seine Gefühle und Ängste wegen des gigantischen Landschaftsverbrauchs und des dramatischen Artenverlusts in seiner Partei nicht mehrheitsfähig sind. Für den Naturschutz hat man in Rheinland–Pfalz bislang noch nichts Wesentliches getan. Jetzt soll Töpfer erst einmal das Kabinett Kohl und sich selbst besser in Bonn verkaufen. Das allein wird seine Aufgabe in den kommenden Jahren werden.

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