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Sammelstellen warten auf Altpapier

■ Vor allem Geldschwierigkeiten behindern die Arbeit der Bonner Koordinierungsbüros der Vobo–Sammelstellen Erste Bilanz aus Hamburg, Niedersachsen und Berlin / Emnid–Umfrage errechnet zwei Prozent Boykotteure

Von V.Gaserow und B.Müllender

Berlin/Bonn (taz) - Reichlich zähflüssig und schwierig gestaltete sich die erwartete Volkszählungsboykott–Bilanz, die bereits für diese Woche erwartet worden war. Beim Koordinationsbüro in Bonn, das in regelmäßigen Abständen zur Dokumenation der Boykottbereitschaft die Anzahl der bei den regionalen Sammelstellen abgegebenen Volkszählungsbögen veröffentlichen wird, gingen die Rückmeldungen aus den einzelnen Bundesländern bisher nur spärlich ein. In vielen Regionen waren die Zähler noch gar nicht massenweise ausgerückt, so daß die Abgabe der Bögen bei den Sammelstellen schon mangels „Altpapier“ scheiterte. In einigen Regionen wie in Bayern und Baden–Württemberg ist das Netz der Sammelstellen aus Angst vor Repressionen löchrig. Zusätzliche Schwierigkeiten macht im Moment auch die zentrale Koordinierung im Bonner Büro, das mangels Geld zur Zeit nur mit einer Person besetzt ist. Wochenlang mußte das Büro hinter lange zugesagten Geldern vom Bundesvorstand der Grünen herlaufen. Zeitweise wurde aus Geldmangel das Telefon abgestellt, und weil die zugesagte Unterstützung von 10.000 DM von den Grünen dank Schlamperei letzte Woche noch nicht einmal angewiesen war, konnte der wöchentliche Rundbrief des Koordinationsbüros mit der Adressenliste sämtlicher Sammelstellen nicht herausgeschickt werden. Die Vobo–Gruppen weisen noch einmal darauf hin, daß keine langen „Spielchen“ mit den Zählern gemacht werden sollen, sondern der Bogen so schnell wie möglich angenommen wird, damit die Sammelstellen anhand der abgegeben Bögen möglichst rasch einen Überblick über die Boykottbereitschaft geben können. Aus einigen Regionen liegen erste Zahlen vor. In Hamburg waren es Mitte der Woche über 2.000 zurückgegebene unausgefüllte Bögen, in Niedersachsen 5.000. Spitzenreiter ist bisher Berlin mit 12.000 Bögen. Am kommenden Montag, dem Volkszählungsstichtag, wird das Koordinierungsbüro endgültig die ersten Zahlen veröffentlichen, die dann am Dienstag in der taz– Rubrik „Boykottbarometer“ nachzulesen sind. Bundesinnenministerium verbreitet Optimismus „Allein die Tatsache, daß eine Volkszählung durchgeführt wird, ist Beweis für einen funktionierenden Datenschutz.“ Diese feinsinnige Logik stammt von Horst Waffenschmidt, Bundesinnenminister Zimmermanns Staatssekretär. Gestern in Bonn galt es für ihn und den Präsidenten des Statistischen Bundesamtes, Hölder, optimistisch den „planmäßigen Verlauf der Volkszählung“ zu bekunden. Die jetzt umherschwärmenden Zähler, „eine gewaltige Bürgerinitiative, größer als die Bundeswehr“, würden „in der Regel sehr freundlich aufgenommen“. Nach einer neuen emnid–Unfrage seien für einen harten Boykott nicht mehr sieben, sondern nur noch zwei Prozent. Deshalb habe „die Solidarität der Vernunft schon jetzt den Boykott ins Abseits gestellt“ und die Volkszählung werde „ein voller Erfolg“. Bei welchem Verweigereranteil die Volkszählung unbrauchbar sei, erklärte Hölder, könne er nur sagen, „wenn man Zähler und Nenner kennen würde“. Soll heißen: Niemand kennt die tatsächliche Anzahl der Bundesbürger (“Nenner“ des Bruchs) und kann sie folglich auch nicht mit der Anzahl der Gezählten (“Zähler“ des Bruchs) vergleichen. Eine sehr clevere Vorab–Logik, mit der uns die Volkszählung später, bei welcher Boykottbeteiligung auch immer, als Erfolg verkauft werden kann. Die Volkszählung 87 wird, so Hölder, „auf jeden Fall von erheblichem Wert“, denn selbst wenn ein paar Millionen Bögen fehlen, nun ja, „da sind wir Statistiker es gewohnt zu korrigieren“.

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