Sri Lankas Marine stoppt Inder

■ 19 Fischereiboote mit Hilfsgütern aus Indien auf See angehalten / Auch Journalisten an Bord

Aus Madras Biggi Wolff

Die Marine von Sri Lanka hat am Mittwoch einen indischen Schiffskonvoi nahe der Insel Kachchaitivu gestoppt. Wie der Sprecher des indischen Außenministeriums in Neu Delhi mitteilte, wurden die 19 Fischereifahrzeuge und ein Schiff mit etwa 100 Journalisten an Bord bei Eintritt in die Hoheitsgewässer Sri Lankas aufgehalten. Der Konvoi soll Hilfsgüter für die separatistischen Tamilen zur nördlichen Halbinsel Jaffna bringen. Der Konvoi war um 14 Uhr indischer Zeit von der südindischen Hafenstadt Rameswaran in Begleitung von sechs Ärzten des indischen Roten Kreuzes aufgebrochen. Die schon für den frühen Morgen geplante Abfahrt hatte sich aufgrund von Verzögerungen beim Beladen der Boote hinausgeschoben. Etwa 17 Kilometer sind es von Rameswaran bis zur Grenze der sri lankanischen Hoheitsgewässer. Seit dem Morgen hatte der Rundfunk in Colombo alle 15 Minuten verkündet, die Marine habe Anweisung, auf jedes Boot, das sich auf srilankanisches Territorium begebe, sofort zu schießen. Premierminister Premadasa hatte am Dienstag erklärt, die „einseitige provokative Entscheidung“ zur Entsendung von Booten nach der tamilischen Jaffna–Halbinsel werde „ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen“. Sollte es zur Verletzung srilankanischen Territoriums kommen, könnte dies „zu einer bisher nicht erträumten Gewalt auf der Insel“ führen. Die Tamilen, so zitiert ihn die Hindu vom 2. Juni, „leben in allen Teilen des Landes in Harmonie mit der singhalesischen Bevölkerung“. Wenn Indien jetzt Boote entsenden würde, könnte die singhalesische Bevölkerungsmehrheit annehmen, die indische Armee würde anlanden und sich dadurch provoziert fühlen. An die 3.000 Fischer von Rameswaran hatte die Marine Handzettel verteilt: „Wie uns bekannt wurde, werden Ihre Boote dazu benutzt, Waffen an die srilankanische Küste zu transportieren. Ab sofort wird jeder, der sich in unsere Hoheitsgewässer begibt, mit schweren Konsequenzen zu rechnen haben.“ Die indische Regierung hatte mehrfach betont, es gäbe keinerlei Waffen an Bord der Boote und auch keine bewaffnete Eskorte des Konvois. Fortsetzung Seite 6 Die Vertreter des indischen Roten Kreuzes waren an den vorausgegangenen Kontrollen beteiligt. Die Fischer hatten sich dann morgens zunächst sehr zögerlich bei der Bereitstellung von Booten gezeigt, mit der Begründung, die Sri Lankanische Marine würde bei nächster Gelegenheit dann ihre Boote versenken. Schon in der Vergangenheit wurden mehrfach indische Fischer durch die Marine erschossen. Nachdem sich gegen Mittag genügend Boote gefunden hatten, wurden diese mit dem Symbol des Roten Kreuzes gekennzeichnet. In Südindien wurden mit steigender Spannung die stündlichen Radionachrichten erwartet. Hektische diplomatische und politische Aktivitäten begleiteten den Countdown für die „humanitäre Mission“ - wie Neu Delhi die Sendung der Hilfsgüter an die tamilische Bevölkerung Jaffnas nannte. Die Regierung hatte zur Bedingung gemacht, daß die Hilfsgüter neutral zu Vertretern übergehen würden. Indien hatte das mit der Begründung abgelehnt, die „kritische Situation der von Hungersnöten bedrohten Jaffna–Bevölkerung dulde keine weitere Verzögerung“. Kommentare in der indischen Tagespresse hatten Rajiv Gandhi aufgefordert, Stärke zu zeigen. „Sind wir auf internationale Unterstützung hingewiesen bei unserem Bemühen, das tamilische Volk zu retten?“ heißt es im Indian Express „Das Handeln der Regierung in Neu Delhi wird zeigen, wie glaubwürdig die Erklärungen sind, ihre Politik der Blockfreiheit sei von Courage und nicht von Feigheit bestimmt“. Rajiv Gandhi erklärte in Delhi währenddessen, „gewisse Großmächte seien dabei, Indien zu umzingeln“. Unterdessen haben Diplomaten aus Sri Lanka mehrere Länder über die große Gefahr eines Konfliks in dem Gebiet unterrichtet; darunter auch die fünf ständigen Vertreter des UN–Sicherheitsrats und die blockfreien Staaten. Angriff auf Militärcamp Madras (afp) - Bei einem Angriff der separatistischen Tamilen auf ein Militärcamp der Regierungstruppen in Nordjaffna sind nach Angaben der Tamilen am Mittwoch mehr als 100 Regierungssoldaten getötet worden. Wie die „Befreiungstiger von Tamil Eleam“ (LTTE) in Madras mitteilten, wurden drei Regierungssoldaten gefangengenommen. Drei LTTE–Kämpfer seien gefallen, viele Soldaten verwundet worden. Das Gebäude des Telegraphenamtes in der Nähe des Forts, in dem die Soldaten untergebracht waren, sei bei dem Angriff durch Granaten zerstört worden.