: Reinland–Pfalz: Schacher um Ämter und Pöstchen
■ Nach der Wahlschlappe von Bernhard Vogel und seiner CDU bei der Landtagswahl verloren die Christdemokraten die Fasson
Aus Mainz Felix Kurz
Kurt Böckmann, bis vergangenen Montag noch rheinland–pfälzischer Innenminister, wurde diese Woche dabei erwischt, wie er sich doch tatsächlich zu Fuß durch die Mainzer Innenstadt bewegte. Der Mann wurde nach zehn Jahren zum einfachen Landtagsabgeordneten runtergestuft. Jetzt fehlt ihm der Dienstwagen. Heribert Bickel, bis zum gleichen Zeitpunkt Justizminister unter Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU), reichte es nicht einmal mehr zum Mandat. Auf Bickels Sessel sitzt nun der FDP–Mann Peter Caesar, Rechtsanwalt aus dem Edelsteinort Idar–Oberstein. Absteiger Die beiden CDU–Absteiger des Jahres sind die Opfer in der kabinetten Vogelschar des Ministerpräsidenten. Nach der für die rheinland–pfälzische CDU mit einer verheerenden Schlappe end enden Landtagswahl am 17. Mai hatten sie ihren Absturz offenbar nicht recht vorherberechnet. Doch beide müssen nicht leiden. Der Polizeiminister Böckmann war lange genug im Amt, um die Ministerpension zusätzlich zu den Diäten einzustreichen, und Heribert Bickel war vor seiner Kabinettszugehörigkeit der oberste Verwaltungsrichter im Lande. Auch für ihn ist gesorgt. So glatt wie die beiden B.s ließen sich andere Christdemokraten nicht versenken. Da war zunächst Carl–Ludwig Wagner, der Trierer CDU–Bezirksfürst. Er fuhr an der Mosel mit rund zehn Prozent die dicksten Verluste ein. Schon unkte man, „der ist dran“. Doch weil ein Landesvorsitzender einer Partei in Rheinland–Pfalz nichts zu sagen hat, ohne die Bezirksfürsten hinter sich zu haben, blieb auch Carl–Ludwig Wagner Finanzminister. Das liegt an einer rheinland–pfälzischen Spezialität. Dort gibt es drei Partei–Bezirke mit ihren eigenen Vorsitzen den und die bestimmen die politische Musik. Dem Landesvorsitzenden dagegen fehlen jene Fußtruppen. Aufsteiger Weil das so ist, konnte Ministerpräsident und Landesparteivorsitzender Vogel den Kultusminister Georg Gölter nur erneut in dieses wichtige Ressort berufen. Gölter ist Chef des rheinhessischen Bezirks. Man sagt ihm Ambitionen auf den Chefsessel in der Staatskanzlei nach. Bliebe noch die Nummer drei der Fürsten, Rudi Geil, der dem dem Koblenzer Bezirk vorsteht und schon Chef verschiedener Ressorts war. Sein Pech: er saß ausgerechnet auf dem Sessel des designierten Wirtschaftsministers. Und das war eben nicht mehr er, sondern der neue Koalitionspartner FDP in Person des FDP–Chefs Rainer Brüderle. Guter Rat war teuer für Bernhard Vogel, denn alle wußten, Rudi Geil muß mi nistrabel bleiben. Nach einigem hin und her stand fest, er beerbt Neu–Fußgänger Kurt Böckmann. Zwar wäre Geil auch gerne Umweltminister geworden, doch auf den Job mit dem besonderen public–relation–Ambiente hatte längst Hans–Otto Wilhelm den Daumen drauf. Wilhelm ist der einzige CDU–Newcomer, zumindest im Kabinettsrang, denn an Kabinettssitzungen beteiligte er sich schon als CDU–Fraktionschef. Er gilt als der starke Mann im Hintergrund und als Gegenspieler Nummer eins des Ministerpräsidenten. Dessen Position ist nach der Wahlniederlage erheblich geschwächt. Selbst bei der Wahl zum Ministerpräsidenten verweigerten ihm zwei aus der CDU/FDP– Koalitionsriege im Landtag die Zustimmung. Bei der internen und geheimen Abstimmung in der CDU–Fraktion setzte es sogar drei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen. Vogel war sauer, und die Fraktion ist es ebenfalls. Sie schrumpfte nämlich von 57 auf 49 Abgeordnete und rechnet das Bernhard Vogel an. Newcomer Mehr als der Verlust der absoluten Mehrheit wog auch die Reduzierung der Top–Funktionen für die CDU–Leute. Aber immerhin wurde ja der Fraktionsvorsitz neu vergeben, nachdem Hans–Otto Wilhelm ins Kabinett rotiert war. Die begehrte, gut dotierte und einflußreiche Position sollte nach dem Willen von Vogel Hans Dahmen, bislang Staatssekretär, übernehmen. Von ihm hätte der Ministerpräsident dankbare Loyalität im Übermaß erwarten können. Und Dahmen wäre trotz Verlust eines hohen Amtes wieder in eine herausgehobene Stellung befördert worden. Doch die beste Position ertrotzte sich in einer für die rheinland–pfälzische CDU ungewöhnlichen Kampfabstimmung der Pirmasenser Lederwarengroßhändler Emil Wolfgang Keller. Der 55jährige war bis dato stellvertretender Vorsitzender in der Fraktion. Weil Bernhard Vogel schon vor der Landtagswahl als Nachfolger von Klaus Töpfer, der in der Bundesregierung jetzt das Umweltministerium leitet und bis zu seinem Wechsel die Politik des rheinland– pfälzischen Umweltressorts prägte, Wilhelm vorgesehen hatte, bastelte Keller zeitlich früher als Dahmen am Fraktionsvorsitz. Sein sehnlichster Wunsch, der CDU–Crew vorzustehen, ging dann knapp und vor allem gegen den erklärten Willen des Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten mit 26 gegen 23 Stimmen in Erfüllung. Nach dieser erneuten Schlappe für den „Wahlverlierer“ Vogel durfte Dahmen wenigstens Kellers Stellvertreter werden. Und damit der Fußgänger Kurt Böckmann noch ein weiteres kleines symbolisches Zubrot erhält, wurde er in den erweiterten Fraktionsvorstand auf Wunsch von Keller berufen.
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