: Wandel in Seoul von Festnahmen begleitet
■ Kim Dae Jung nimmt erklärte Kommunisten von der Forderung nach einer Amnestie aus / Vizepräsidenten–Posten würde Kandidatur der beiden oppositionellen Kims auf einer Liste ermöglichen / Volksabstimmung noch unklar / Erster Oppositioneller aus der Haft entlassen
Seoul/Berlin (afp/taz) - Auch nach der Ankündigung politischer Reformen in Südkorea werden Anhänger linksoppositioneller Studentengruppen von der Polizei verhaftet. Die Polizei kündigte am Donnerstag an, härter gegen solche Gruppen vorzugehen, nachdem sie am Mittwoch in einem Industrievorort von Seoul 30 demonstrierende Studenten festgenommen hatte. Am Donnerstag sei, so ein Polizeisprecher, der erste Oppositionelle, ein Mitglied der“ demokratischen Wiedervereinigungspartei“ (RDP), freigelassen worden. Der Führer der oppositionellen „Demokratischen Wiedervereinigungspartei“ (RDP), Kim Young Sam, forderte von dem Chef der regierenden „Demokratischen Gerechtigkeitspartei“ (DJP), Roh Dae Woo, im Hauptquartier der RDP eine Generalam nestie. Oppositionsführer Kim Dae Jung schätzt die Zahl der politischen Gefangenen auf 3.000. 160 sollen noch zum Wochenende aus den Gefängnissen entlassen werden. Erklärte Kommunisten nahm Dae Jung von der Forderung nach Freilassung ausdrücklich aus. In dem rund 20 minütigen Gespräch soll Roh, der auch Präsidentschaftskandidat seiner Partei ist, erklärt haben, daß die DJP auch bereit sei, die Opposition zu stellen, falls sie bei den für Herbst oder Winter zu erwartenden Wahlen verliere. Dabei sagte er der RDF als wichtigster Oppositionspartei auch weitere Beratungen über die Verfassungsreform zu. Rohs Partei will die Beratungen bis zum Wochenende abgeschlossen haben. Die RDP plant, ihre Gesetzesentwürfe bis zum 10. Juli vorzule gen. Mitte Juli könnten dann die Gespräche mit der Regierungspartei beginnen. DJP–Sprecher äußerten die Hoffnung, beide Parteien könnten sich bis Mitte August auf einen Verfassungsentwurf einigen, der dann noch im selben Monat der Nationalversammlung zur Annahme vorgelegt würde. Ob der Entwurf in einer Volksabstimmung angenom men werden soll, ist noch unklar. Beide Lager beabsichtigen, die gegenwärtige siebenjährige Amtszeit des Staatspräsidenten auf vier Jahre zu kürzen. Eine RDP–Arbeitsgruppe forderte ferner die Schaffung eines Vizepräsidenten–Postens. Käme es zu dieser Regelung, könnten die beiden wichtigtsen RDF–Politiker, Kim Dae Jung und Kim Young Sam, auf einer gemeinsamen Liste für die Präsidentschaftswahlen kandidieren. Außerdem schlägt die RDP eine Senkung des Wahlalters von 20 auf 18 Jahre vor. Außerdem befürwortete Rohs Partei den Bau einer Gedenkstätte für die Opfer des Volksaufstands von Kwangju im Jahre 1980, bei dem über 200 Menschen erschossen worden waren. mf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen