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Panama: Konflikte erreichen neuen Höhepunkt

■ Mit einer spektakulären Aktion wurde am Montag der pensionierte Oberst Diaz Herrera festgenommen / Er hatte sich geweigert, gegen Armeechef Noriega als Kronzeuge auszusagen / Oppositionelle Zeitungen wurden von der Polizei besetzt

Aus Panama Ralf Leonhard

Mit zwei gepanzerten Armeehubschraubern und einer Eliteeinheit rückten die panamesischen Streitkräfte Montag früh, am Tage des Generalstreiks, gegen die Villa des pensionierten Oberst Roberto Diaz Herrera vor. Nach kurzem Gefecht wurden der störrische Offizier, der vor zwei Monaten Auslöser des Konflikts zwischen den USA und Panama wurde, und seine 45 Leibwächter in Haft genommen. Diaz Herrera, der sich zu Hause wie in einer Festung verschanzt hatte, war der dreimaligen Vorladung des Staatsanwalts, als Kronzeuge gegen Armeechef Noriega auszusagen, nicht nachgekommen. Mit der Festnahme von Oberst Diaz Herreras und der Ausrufung eines Unternehmerstreiks erreichte das Kräftemessen in Panama am Montag einen neuen Höhepunkt. Im eleganten Geschäftszentrum von Panama–Stadt hielt sich fast alles an den vom oppositionellen „Zivilen Nationalistischen Kreuzzug“ ausgerufenen Generalstreik, der die Regierung und vor allem Armeechef Noriega in die Knie zwingen soll. Selbst in der belebten Einkaufsstraße Avenida Central schlossen die Geschäfte erst im Laufe des Tages zögernd auf und sogar der Busverkehr wurde auf die Hälfte der normalen Frequenz reduziert. Bewaffnete Polizeitruppen und die Anti–Terror–Einheit „Dober man“ demonstrierten die Entschlossenheit, jede Ausschreitung zu unterdrücken. In Erwartung des Ausstandes hatte die Polizei bereits Sonntag nacht die Redaktionen von drei Zeitungen besetzt, die der Opposition als Sprachrohre dienen. Doch die Arbeiter verhalten sich ruhig. Die im „Nationalen Rat Organisierter Arbeiter“ (CONATO) zusammengeschlossenen Gewerkschaften unterstützen weder die Regierung noch den von der Rechten verordneten Generalstreik. Oberst Diaz Herrera wurde zur Schlüsselfigur des Konflikts, als er Anfang Juni seinen ehemaligen Vorgesetzten Noriega der Korruption sowie der Verwicklung in Drogenhandel und Mordkomplotte beschuldigte und damit Unruhen in Panama auslöste. Vor fast zwei Jahren schon hatte Diaz Herrera mit Unterstützung des damaligen Präsidenten Barletta versucht, Noriega durch eine Palastrevolte zu entmachten. Doch der Putsch schlug fehl, und der Präsident wurde kurzerhand in Pension geschickt. Danach kühlten sich die Beziehungen zu Washington abrupt ab. Ein zugesagter 40–Mio.–Dollar–Kredit der US– Entwicklungsagentur AID wurde nach Guatemala umgeleitet. Kurz darauf, im Dezember 1985, wurde der damalige Berater im Nationalen Sicherheitsrat, der Vizeadmiral John Poindexter, in einer vertraulichen Mission in Panama vorstellig und forderte den Rücktritt General Noriegas. Gleichzeitig sprach General Paul Gorman, der damalige Kommandant des Südkommandos der US– Streitkräfte in der Kanalzone, von der Notwendigkeit, die US–Truppenpräsenz in Panama über das Jahr 2000 hinaus zu garantieren. Laut den Torrijos–Carter–Verträgen soll 1999 der letzte US–Soldat Panama verlassen. Rund 10.000 Soldaten, Dutzende Kampfbomber und Spionageflugzeuge sowie raffiniertes Kommunikationsgerät sind auf den Basen in der Kanalzone stationiert. Im Juni 1986 wurden „vertrauliche“ Dokumente des State Department in der angesehenen New York Times publiziert, die den starken Mann Panamas, Manuel Antonio Noriega, als Drogenschieber, Mörder des Oppositionellen Spadafora und sogar seines Freundes Omar Torrijos sowie als Kommunistenfreund denunzierten. Die Kampagne gegen Noriega, das kam jüngst im Zuge der Iran–Contra–Untersuchungen ans Licht, ging auf das Konto des Nationalen Sicherheitsrates. Schon vergangenen Oktober kam Botschafter Davis plötzlich mit einer neuen Interpretation der Kanalverträge, mit der er die Übergabe des interozeanischen Wasserwegs im Jahre 1999 von der Demokratisierung der Regierung abhängig machte. Die Rolle Panamas in der Contadora–Initiative wurde von den USA nie direkt angesprochen. Aber es ist offensichtlich, daß Noriegas gute Beziehungen zu Fidel Castro und Nicaraguas Daniel Ortega den Strategen in Washington ein Dorn im Auge sind. Und während für Washington die „Demokratisierung“ Nicaraguas - sprich: die Entfernung der Sandinisten - Voraussetzung für ein regionales Friedensarrangement ist, beharrt Panama auf dem Prinzip der Nichteinmischung.

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