: Barricada jetzt konkurrenzlos
■ Nachdem der unabhängige, prosandinistische El Nuevo Diario aus Geld– und Materialmangel schließen mußte, hat das offizielle sandinistische Organ La Barricada keine Konkurrenz mehr
Aus Managua Rolf Leonhard
Die sandinistische Tageszeitung Barricada wird in Zukunft auf dem Printmedienmarkt Nicaraguas ein Informationsmonopol haben. Denn die meistgelesene Zeitung, El nuevo Diario, schloß Samstag überraschend ihre Pforten: aus Geld– und Materialmangel. „Ohne Möglichkeit zu importieren haben wir die letzte Zeit von geborgtem Material gelebt“, heißt es am Samstag im Aufmacher der letzten Nummer, die mit ihren wackligen Schreibmaschinenlettern alle Anzeichen einer Untergrundpublikation trägt. Weil die eigenen Druckmaschinen defekt sind, mußte das unabhängig–prosandinistische Blatt in der letzten Zeit beim Verlag Nueva Nicaragua drucken lassen. Jetzt ist aber auch der letzte Textcomposer zusammengebrochen und Chemika lien und Fotoplatten sind schon lange ausgegangen. Die 25.000 Dollar Devisen, die El Nuevo Diario von der Regierung für dieses Jahr zugewiesen worden waren, konnten von der Zentralbank wegen notorischer Dollarebbe nicht ausgezahlt werden. Daß die Zeitung wegen ihrer zunehmend kritischen Haltung „ausgetrocknet“ wurde, ist wenig wahrscheinlich, denn El Nuevo Diario, das zuletzt eine Auflage von 100.000 erreichte, hatte seine Kritik stets auf die unteren und mittleren Verwaltungsebenen beschränkt. In ihrer Abschiedsglosse beklagt sich die Direktion über die mangelnde Solidarität der Kollegen und meint damit sowohl Barricada, die von der DDR mit einer modernen Druckerei ausgestattet wurde, als auch die im Vorjahr von der Regierung geschlossene Oppositionszeitung La Prensa, deren völlig intakte Maschinen regelmäßig gewartet werden müssen. El Nuevo Diario entstand im Mai 1980, als der Großteil der Redaktion von La Prensa den Rechtsschwenk der traditionsreichen Zeitung nicht mitmachen wollte und ihr eigenes Blatt gründete. Direktor ist Xavier Chamorro, ein Bruder des 1978 von Somoza ermordeten Herausgebers von La Prensa und Abgeordneter der FSLN in der Nationalversammlung. Das formal unabhängige Blatt hat zwar stets die Regierungspolitik vertreten, war aber auch der Zensur unterworfen. Die Schließung „bis zu einem Zeitpunkt, den wir nicht voraussagen können“ trifft den nicaraguanischen Pressepluralismus ausgerechnet in einer Zeit, da im Gefolge der Friedensabkommen von Guatemala die völlige Pressefreiheit und Wiederzulassung von La Pensa in Aussicht gestellt wird.
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