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US–Zentralbank erhöht Diskont–Zinssatz

■ Offizieller Grund: Inflationsbekämpfung / Wahrscheinlicher Grund: Dollarstabilisierung

Von Ulli Kulke

Ein weiterer Schritt auf der Gratwanderung der US–amerikanischen Wirtschaftspolitik: Alan Greenspan, seit einigen Wochen neuer Chef der Washingtoner Zentralbank (Fed), hat mit seinem Gouverneurskollegium zum Wochenende die Leitzinsen angezogen. Der Diskont–Zinssatz, zu dem die Banken des Landes bei Greenspans Institut gegen Verpfändung seriöser Wechsel Kredite aufnehmen können, wurde von 5,5 auf 6 Prozent angehoben. Greenspans offizielle Begründung für diese Maßnahme ist die wiederangezogene Inflationsrate. Im vergangenen Jahr hatte sie noch 1,1 Prozent betragen, in den ersten sieben Monaten 1987 verteuerten sich die Verbraucherpreise dagegen bereits um fünf Prozent. Die Zinserhöhung soll nun eine Geldmengenverknappung bewirken und somit den Anstieg der Inflationsrate bremsen. Mehrere Banken gaben die Zinserhöhung gleich weiter und setzten die „Prime Rate“, den Zinssatz für solventeste Kunden, von 8,25 auf 8,75 Prozent herauf. Die Diskonterhöhung ist die erste seit 1984, seither war man bemüht, mit „billigem“ Geld die Wirtschaft anzukurbeln. Es darf jedoch bezweifelt werden, ob die Inflationsbekämpfung der tatsächliche Grund für den Zinsschnitt ist. Vieles spricht dafür, daß die Fed die Zinsanhebung zur Stabilisierung des Dollarkurses benutzen will. Höhere Zinsen locken Gelder ins Land, die in Dollar umgetauscht werden müssen, und somit über eine erhöhte Nachfrage den Kurs stärken. Nachdem die Vereinbarung der wichtigsten Notenbankpräsidenten vom Februar in Paris zunächst Bestand zu haben schien, bei der ein Dollarkurs von 1,80 - 1,90 DM angepeilt wurde (“Louvre– Akkord“), gings mit dem Dollar seit einigen Wochen wieder stark bergab. Die tiefroten Zahlen der US–Handelsbilanz erschütterten das Vertrauen der Anleger in das am meisten verschuldete Land (Ausländer haben Guthaben von 136 Milliarden Dollar in den USA). Befürchtungen über einen weiteren Dollarkursverfall darf die Fed bei einer solchen Verschuldung nicht zulassen, will sie keinen Massenexodus der dringend notwendigen Anlagegelder riskieren - deshalb die Zinserhöhung. Ob der Dollarkurs damit tatsächlich abgefangen werden kann, ist fraglich (man beobachte künftig die Rubrik Wechseltresen). Denn ein vorübergehend zu starker Dollar sägt an seinen eigenen Grundlagen: US–Produkte sind auf dem Weltmarkt zu teuer, die Handelsbilanz rutscht noch stärker in die Miesen, das Vertrauen der Spekulantenwelt ebenfalls, und schon gehts weiter abwärts. Alan Greenspan hat jedenfalls gezeigt, daß er seine Haltung zum Dollar geändert hat. Noch vor Jahren erklärte der ehemalige Präsidentenberater, man möge doch den Dollar noch tiefer fallen lassen, um die Handelsbilanz ins Reine zu bekommen. Mit dem DGB–TRUST auf Du und Du

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