: Keine Studiengebühr im Albrecht–Land
■ Niedersächsischer Ministerpräsident läßt Strafgeld für Langzeitstudenten fallen / Nun sollen nach Überschreiten der doppelten Regelstudienzeit die studentischen Sozialleistungen gestrichen werden
Aus Hannover Jürgen Voges
Die umstrittenen Studiengebühren für Langzeitstudenten, gegen deren Einführung im Sommersemester Niedersachsens Studenten wochenlang protestiert hatten, sind vom Tisch. Die Regierung Albrecht will ihren Gesetzentwurf, der ab einer Studienzeit von mehr als drei Semestern über BAFöG–Höchstförderungsdauer ein Strafgeld von 500 DM pro Semester vorsah, nun nicht mehr in den niedersächsischen Landtag einbringen. Stattdessen sollen nun in Niedersachsen alle Studenten, die innerhalb der doppelten Regelstudienzeit kein Examen ablegen, den Anspruch auf die speziellen Sozialleistungen für Studenten verlieren. Bei der Anhörung zu dem jetzt zurückgezogenen Gesetzentwurf, so erläuterte Ministerpräsident Albrecht gestern vor der Presse, hätten sich alle Hochschulen gegen die Studiengebühren ausgesprochen und am Grundsatz der Gebührenfreiheit festgehalten. Die Hochschulen hätten die geplante Regelung außerdem als zu verwaltungsaufwendig kritisiert. Er selbst, so erklärte Albrecht weiter, habe daraufhin am Montag abend dem Koalitionsausschuß der niedersächsischen CDU– und FDP–Fraktionen vorgeschlagen, von den Studiengebühren abzuge hen und ein anderes Instrument zu wählen, „um die Bummelanten daran zu erinnern, daß sie nicht auf Kosten anderer weiterbummeln können“. Damit bekräftigte Albrecht noch einmal die „ordnungspolitische“ Stoßrichtung der Maßnahmen. Nach der jetzt vorgesehenen Regelung könne ein Student nach Überschreiten der doppelten Regelstudienzeit zwar immer noch seine Prüfung ablegen und fehlende Scheine nachmachen, verliere aber die Vergünstigungen des studentischen Status, wie Fahrpreisermäßigung, kostengünstige Krankenversicherung und das billige Mensaessen. Während durch die Studiengebühren etwa 10.000 der rund 110.000 niedersächsischen Studenten zur Kasse gebeten worden wären, betrifft die Streichung der Sozialleistung nur noch etwa 2.600 Studenten. Ministerpräsident Albrecht glaubt nicht, daß diese Studenten nun Sozialhilfe beantragen müssen, und dadurch höhere finanzielle Belastungen auf die Kommunen zukommen. Nach Albrechts Ansicht hat der „typische Krankenkassenstudent häufig ein hohes Einkommen“.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen