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Ab 1. Oktober wird La Prensa wieder erscheinen

■ Nicaraguas rechtsoppositionelle Tageszeitung wird unzensiert auf den Markt kommen / Sie war vor eineinhalb Jahren geschlossen worden, als sie Reagans Contra–Hilfe begrüßte / Die linksoppositionelle La Pueblo bleibt geschlossen

Aus Managua Ralf Leonhard

La Prensa, die Tageszeitung der rechten Opposition Nicaraguas, die im Juni 1986 geschlossen wurde, darf ab sofort wieder erscheinen - und zum erstenmal seit März 1982, als der nationale Notstand verhängt wurde, unzensiert. Violeta Barrios de Chamorro, die administrative Leiterin des Blattes, bestätigte Sonntag in Managua, was der Außenminister Costa Ricas am Vorabend bereits in San Jose verkündet hatte. Die nicht mehr ganz überraschende Maßnahme ist als Vorleistung im Rahmen des zentralamerikanischen Friedensabkommens von Guatemala zu verstehen. Rodrigo Madrigal Nieto, Costa Ricas Außenminister und ein persönlicher Freund der Verlegerwitwe, hatte vermittelt und war Samstag persönlich mit dem Präsidenten bei Violeta Chamorro zu Hause erschienen. In den 60er und 70er Jahren war La Prensa das Sprachrohr der bürgerlichen Opposition gegen die Somoza–Dynastie. Die Ermordung des Herausgebers Pedro Joaquin Chamorro im Januar 1978 durch Schergen der Diktatur war das Startsignal für den Volksaufstand. Die Witwe des Ermordeten, Violeta, war nach dem Sieg der Sandinisten zeitweilig Mitglied der provisorischen Regierungsjunta. Anfang der 80er Jahre ging La Prensa immer deutlicher auf konservativen Kurs und wurde schließlich im Juni des Vorjahres geschlossen, nachdem es unverhüllt die Millionenpakete der USA für die Contras begrüßt hatte. Ver antwortliche der Redaktion haben angedeutet, daß La Prensa zwar ein Sprachrohr der Rechtsopposition bleibt, den Bogen aber nicht durch bewußte Provokationen überspannen wird. Auch daß Pedro Joaquin Chamorro, Violetas Sohn und eines der sechs Mitglieder im Direktorium der Con tras, nicht umgehend aus dem Exil auf seinen Chefredakteurssessel zurückkehrt, wird als positiv gewertet. Der jüngste Sproß der Journalistenfamilie hat die letzten Jahre damit zugebracht, in Costa Rica ein Propagandablatt der Konterrevolution herauszugeben. Spätestens am 1. Oktober will La Prensa wieder auf der Straße sein. Bis dahin sind noch ein paar technische Probleme zu lösen. Präsident Ortega hat bereits versprochen, Papier und Drucktinte in ausreichendem Maß freizugeben. Während die Rechte sich freut, wieder eine Plattform für seine Politik zu haben, muß die linke Opposition sich noch etwas gedulden. Derzeit bestehen keine Aussichten, daß El Pueblo, die 1980 geschlossene Tageszeitung der Marxistisch–Leninistischen Partei (PML), bald wieder herauskommt. „Bisher haben sie uns nur ein paar Maschinen zurückgegeben“, klagt Isidro Tellez, der Generalsekretär der Partei. Noch schwerwiegender ist aber offenbar der Mangel an qualifizierten Journalisten. Anders als La Prensa, hatte die Partei nicht die Mittel, die Reporter weiter zu beschäftigen und so sind im Laufe der Zeit die besten Schreiber beim sandinistischen Parteiorgan Barricada gelandet. Tellez hofft, daß seine Partei im Rahmen der politischen Öffnung alle beschlagnahmten Geräte zurückbekommt. El Pueblo war für die Radikalisierung der Revolution eingetreten. Eine Linie, die nach dem Friedensabkommen von Guatemala wohl noch weniger gefragt ist.

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