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Kohle: Klotz am Bein

■ Jahrhundertvertrag wird Elektrizitätswirtschaft lästig

Bonn (dpa) - Nach den ersten Gesprächen über die Zukunft des Steinkohlebergbaus bei Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann wird in Kreisen der Energiewirtschaft ein Scheitern des sogenannten Jahrhundertvertrags nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen. Nach dem Verstromungsgesetz soll die Elektrizitätswirtschaft bis 1990 jährlich 43 Millionen Tonnen und bis 1995 jährlich 46,5 Millionen Tonnen Kohle zur Verstromung in den Kraftwerken abnehmen. In Paragraph 7 des „Jahrhundertvertrags“ zwischen der Stromwirtschaft und dem Kohlebergbau setzen die Beteiligten voraus, daß die gesetzlichen Regelungen bis 1995 bestehen bleiben, und daß bei Wegfall dieser Voraussetzungen auch Verpflichtungen beider Seiten entfallen. Die Stromwirtschaft ist der mit Abstand wichtigste Kunde des Steinkohlebergbaus. Die überwiegende Mehrzahl der Energieversorgungsunternehmen und vor allem die industrielle Kraftwirtschaft wiesen am Montag abend in dem Gespräch mit Bangemann auf ihre klaren Rechtsansprüche hin. Nach Vorstellung Bangemanns soll der erst im Juni auf durchschnittlich 7,5 Prozent erhöhte Kohlepfennig bis 1995 schrittweise wieder auf 4,5 Prozent gesenkt werden. Der sogenannte Ölausgleich, der über diesen Aufschlag auf den Strompreis von den Verbrauchern zugunsten der Elektrizitätswirtschaft entrichtet wird, soll um 40 Prozent gekürzt werden. In der Energiewirtschaft gebe es, wie weiter zu erfahren war, keine Mehrheit mehr für den jetzigen Kohlepfennig. Eine reine Haushaltslösung, das heißt die Subventionierung durch den Bund, sei aber wegen der Finanzierung der Steuerreform nicht machbar. Bei einem weiteren Gespräch Bangemanns mit Vertretern des Steinkohlebergbaus kamen die Beteiligten nach Angaben des Wirtschaftsministeriums überein, daß die Unternehmen Vorschläge vorlegen sollen, wie die allgemein anerkannten Überkapazitäten im Steinkohlebergbau verringert werden können. Die IG Bergbau und Energie hatte bereits eine Überbrückungsstrategie vorgeschlagen, mit der bis 1995 rund 25.000 Arbeitsplätze abgebaut werden könnten.

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