„Noch ist Nürnberg nicht verloren“

■ Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt in Nürnberg am morgigen Sonntag / Ausgang wegen des großen Nichtwähleranteils ungewiß / CSU wittert eine „Volksfrontbewegung“ / Fußball im Wahlkampf

Aus Nürnberg Bernd Siegler

„Ist Ihnen der linke Filz eigentlich egal?“ Verzweiflung schlägt sich in den Wahlanzeigen und Plakaten des CSU–Bewerbers um das heißbegehrte Amt des Nürnberger Oberbürgermeisters nieder. Bis zur Stichwahl am 8. November tingelt nun Dr. Günther Beckstein, Vorsitzender des Sicherheitsausschusses des Bayerischen Landtags, mit seinem Wahlbus durch die traditionsgemäß von Sozialdemokraten regierte Stadt - ständig auf der Suche nach den 36,2 Wahlgang. Die Wähler hingegen hatten dem CSU–Kandidaten am 18. Oktober eine herbe Enttäuschung bereitet. Nur 43,2 dem Ende der 30jährigen Amtszeit des 1982 aus der SPD ausgetretenen Oberbürgermeisters Andreas Urschlechter die „historische Wende im rot–grün verfilzten Rathaus“ mit ihrem Stimmzettel herbeiführen. Die „rote Hochburg“ Nürnberg erwies sich als sturmfest. Der SPD–Mann Dr. Peter Schönlein (Markenzeichen „P.S.“) verfehlte den Wahlsieg lediglich um 391 Stimmen. Nur ungern läßt sich Beckstein, die drohende Niederlage vor Augen, an die damaligen Aussagen seiner Parteikollegen erinnern. Bundesbauminister Oscar Schneider (CSU) hatte sich in den Wahlkampf seiner Heimatstadt mit einer Prognose eingeschaltet: „Die Chance ist groß. Sie wird sich lange nicht mehr wiederholen, wenn wir unser Ziel verfehlen sollten.“ Nürnberg auf unabsehbare Zeit in den Händen der Roten? Beckstein selbst wird diese Zukunftsvision gut abgesichert überstehen. Er ist als neuer Innenstaatssekretär unter dem zukünftigen Innenminister Gauweiler und als stellvertretender Parteivorsitzender der CSU im Gespräch. „Wir werden kämpfen“, hatte er trotzig nach seinem enttäuschenden Abschneiden vor drei Wochen erklärt. Doch wer in der Zeit bis zur Stichwahl eine Neuauflage der Materialschlacht erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die Wahlplakate blieben einfach kleben, inzwischen von Wind, Wetter und politischem Gegner leicht angegriffen. Nur die zweideutige Aussage „Noch ist Nürnberg nicht verloren“ prangt auf den alten CSU–Plakaten. Während die FDP ihre mageren 1,2% vom 18.10 am Sonntag dem christlich–sozialem Bewerber zuschanzen will, haben sich Grüne (3,2 und DKP (0,5 Aber auf Schönlein festgelegt. Erwin Huber, stellvertretender CSU–Generalsekretär, witterte sofort eine „Volksfrontbewegung“ in Nürnberg. In der Endphase des Stichwahlkampfes beweist die CSU in ihren Zeitungsanzeigen weder Kenntnisse in der Rechtschreibung noch in der Regelkunst des Fußballs. Nicht das „As“ Beckstein soll demnach ins Rathaus, sondern das „Ass“, laut Duden also ein Abszeß (“Aß“) oder ein Assessor (“Ass.“). Auch als Sportreporter geben Becksteins Wahlkampfmanager ein klägliches Bild ab. Unter der Überschrift „Wer 1:0 führt, nie verliert?!“ kommen sie zu Wort: „Linksaußen P.S. im roten Dress: zu schnell vorgestürmt, über die eigenen Beine gestolpert - und schon im Abseits.“ Der CSU–Kandidat dagegen zeigt, wie mans macht: „Einwurf von Beckstein. Schuß. Tor!“ Beckstein wirft ein, aber wer schießt?