Knastaufstand in Atlanta

■ Trotz Angebot von Justizminister Meese, die Abschiebung vorläufig auszusetzen, geben die meuternden inhaftierten Exilkubaner ihren Widerstand nicht auf

Berlin/Washington (wps/dpa) - Aus Angst, nach Kuba zurückgeschickt zu werden, meutern Tausende inhaftierter Exilkubaner in Gefängnissen und Internierungslagern von drei US–Bundesstaaten. Ein Häftling wurde von den Gefängniswärtern erschossen, 43 verletzt, als die Gefangenen im Internierungslagers bei Oakdale, Louisiana, mehrere Gebäude des erst im letzten Jahr gebauten Komplexes in Brand setzten und 30 Geiseln in ihre Gewalt brachten, von denen sie fünf in der Zwischenzeit wieder freiließen. Im Bundesgefängnis von Atlanta, in dem rund 1.500 Exilkubaner einsitzen, sind ebenfalls mehrere Gebäude in Brand gesetzt worden. Außerdem nahmen die Insassen 75 Geiseln. Justizminister Meese bot den Aufständischen inzwischen an, die Abschiebungen nach Kuba auszusetzen und jeden Fall einzeln zu überprüfen. Er erwarte aber, daß alle Geiseln unverzüglich freigelassen würden. Die internierten Kubaner hielten am Dienstag ihre Revolte jedoch auf recht und sie ließen das Angebot von US–Justizminister Meese unbeantwortet. Wie einer der Unterhändler sagte, stünden sie auf dem Standpunkt, sie würden in Havanna getötet - dann könnten sie auch in den USA ums Leben kommen. Der Aufstand begann, als am Freitag letzter Woche bekannt wurde, daß ein 1984 geschlossenes, aber bereits ein Jahr später wieder ausgesetztes Abkommen zur Klärung der Flüchtlingsfrage zwischen Kuba und den USA wieder in Kraft gesetzt wurde. Die Internierten gehören zu 125.000 Exilkubanern, die im Juni 1980 in unzähligen kleinen Booten die gefährliche Reise von Kuba nach Florida antraten, um in den USA um Asyl zu bitten. Das Abenteuer war offiziell abgesegnet: Staatschef Castro genehmigte die ungewöhnliche Auswanderung, Präsident Carter gewährte Asyl. Mit den Auswanderern entledigte sich Castro auch mehrerer hundert Verbrecher und Psychatriepatienten. Seitdem versucht die US–Regierung in Verhandlungen, die Rücknahme dieser Flüchtlinge durch Kuba zu erreichen. Im Dezember 1984 erklärte sich Castro bereit, 2.700 „Kriminelle und Geisteskranke“ nach Kuba zurückkehren zu lassen, während die US–Regierung zustimmte, 3.000 politische Gefangener aus Kuba zu übernehmen und 20.000 kubanische Emigranten aufzunehmen. Castro kündigte ein Jahr später das Abkommen mit der Begründung, die USA würden von ihrer neuen Radiostation „Radio Marti“ antikubanische Propaganda ausstrahlen. Seit das Abkommen am Freitag überraschend wieder in Kraft gesetzt wurde, befürchten viele der kubanischen Strafgefangenen, daß sie abgeschoben werden könnten. Ein Teil der rund 2.500 meuternden Strafgefangenen wurde nach ihrer Übersetzung von Kuba in die USA in Internierungslagern untergebacht. Andere wurden erst später straffällig und verloren bei der Verurteilung ihr Anrecht auf die US–Staatsbürgerschaft.