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Keine Anklage für Belfast–Morde

■ Die Erschießung von sechs Unbewaffneten in Nordirland durch die Polizei bleibt ungesühnt

Von Ralf Sotscheck

Dublin (taz) - Gegen Beamte der nordirischen Polizei (RUC), die an der Erschießung von sechs unbewaffneten Männern beteiligt waren, wird endgültig keine Anklage erhoben. Das hat jetzt in London vor dem Unterhaus der zuständige britische Generalstaatsanwalt Sir Patrick Mayhew bekanntgegeben. Es liege nicht im Interesse der nationalen Sicherheit, die Sache weiter zu verfolgen. Obendrein darf ein Untersuchungsbericht über die RUC nicht publiziert werden. Die Entscheidung hat im Unterhaus zu turbulenten Szenen geführt. Der Labour–Abgeordnete Livingstone bezeichnete Mayhew als „Mordkomplizen“. Im November und Dezember 1982 hatten Beamte der RUC– Spezialeinheit E4A sechs „mutmaßliche IRA–Terroristen“ mit ihren Kugeln regelrecht durchsiebt. Keiner der Ermordeten hatte eine Waffe bei sich getragen. Bei dem 17jährigen getöteten Michael Tighe konnten nicht einmal Verbindungen zu paramilitärischen nordirischen Organisationen festgestellt werden. Der zweithöchste nordirische Richter Gibson, der im letzten Jahr einem IRA–Anschlag zum Opfer fiel, hatte die Polizisten gar dafür gelobt, daß sie die sechs Männer „ihrem höchsten Richter zugeführt“ hätten. Um die katholische Bevölkerungsminderheit zu beschwichtigen, hatte der nordirische Staatsanwalt eine Untersuchungskommission eingesetzt, mit deren Vorsitz er den Polizeichef von Manchester, John Stalker, betraute. Er kam der Beteiligung des britischen Geheimdienstes MI–5 an der Erschießung von Michael Tighe auf die Spur. Daraufhin wurde Stalker mit Hilfe konstruierter Anschuldigungen suspendiert.

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