Hamburgs Koalition übern Berg

Die SPD/FDP-Koalition der Hansestadt übersteht Härtetest / Senat verabschiedet Stadthaushalt / Massiver Abbau städtischer Leistungen statt Neuverschuldung / FDP zeigt Zähne / Trostlose Perspektiven  ■ Aus Hamburg Florian Marten

„Na Frau Kollegin, mal wieder ausgeschlafen, was?“ – Als Hamburgs Stadtchef Klaus von Dohnanyi (SPD) gestern mittag seiner Finanzsenatorin Elisabeth Kiausch mit diesen Worten öffentlich und jovial auf die Schulter klopfte, hatte der wirtschaftsliberalsoziale Hamburger Senat die härteste Woche seiner viermonatigen Geschichte gerade überstanden.

Nach heftigem Querfeuer der SPD, die ihre Regierungsgenossen von den Freidemokraten schon völlig über den Tisch gezogen sah, hatten die Wirtschaftsliberalen einige Retuschen am bereits beschlossenen Haushaltskonzept zugelassen. „Wir dürfen die SPD nicht überfordern“ lautete das Motto, mit dem sich die FDP ihre bisherigen Erfolge sicherte, der aufgeschreckten SPD- Basis aber einen handfesten Koalitionskrach verweigerte.

Hamburg wird die gewaltige 1.000-Millionen-Lücke seines 13-Milliarden-Haushaltes 1988 anders als Bundesfinanzminister Stoltenberg nicht durch zusätzliche Schulden, sondern über den Verkauf städtischen Vermögens in Höhe von 830 Millionen Mark schließen. Darüberhinaus gibt es einen massiven Abbau städtischer Leistungen: Vom Schulbau, der Straßenerneuerung, der Verbraucherzentrale, über die Schwimmbäder, die Schul- und Lehrmittel bis hin zu den Hamburger Ausbildungsplatz-Sonderprogrammen. In weiten Bereichen der Verwaltung sollen Privatisierungs- und Rationalisierungschancen ausgelotet werden. Für die Unternehmen aber gibt es eine massive Gewerbesteuersenkung. Einziges FDP-Zugeständnis ist eine kleine Grundsteuererhöhung.

Für den Haushalt 89, da ist sich die Koalition einig, ist dieser Kraftakt nicht wiederholbar. Es ist nicht mehr genügend städtisches Vermögen da, um die schon jetzt auf über eine Milliarde Mark geschätzte Lücke zu schließen. Alle Hoffnung gilt derzeit Niedersachsens Ernst Albrecht: Er organisiert eine Bundesratsmehrheit, die eine Beteiligung des Bundes an der Sozialhilfe vorsieht. Gelingt diese Initiative, ist Hamburg jährlich um 400 Mio. Mark reicher. Insgesamt, so Dohnanyi, stünden in diesem Jahr alle Großstädte und fast alle Bundesländer vor ähnlichen Finanzproblemen. Nur eine Änderung der Politik in Bonn könne da Abhilfe schaffen.

Dohanyi und Stadtvize Ingo von Münch (FDP) sahen gestern die Koalition über den Berg. Dohnanyi meinte, daß es „ganz, ganz schwierig“ werde, wenn die Bevölkerung die Details des Sparprogramms erfahre. Schon in den letzten Wochen hatte es die ersten Proteste von Schülern und Gaswerkern gegeben.