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Bau–Streik in Nicaragua

■ Rund 8.000 Bauarbeiter des sozialistischen Gewerkschaftsbundes SCAAS sind im Ausstand / Die Löhne, nach der Währungsreform vom 15.Februar neu festgesetzt, reichen nicht zum Leben / Gewerkschaftsbüro besetzt

Aus Managua Ralf Leonhard

Der erste große Lohnkampf seit der Währungsreform vor zwei Wochen wird zur Zeit im nicaraguanischen Baugewerbe ausgetragen. Seit Montag streiken rund 8.000 Bauarbeiter der sozialistischen Gewerkschaften für eine 200prozentige Lohnerhöhung und die Aufhebung des geltenden Normenkataloges. Das Arbeitsministerium bot an, binnen zwei Wochen eine Lösung zu entwickeln, wenn die Gewerkschafter die Arbeit wieder aufnähmen. Als sie dieses Angebot zurückwiesen, erklärte Arbeitsminister Benedicto Meneses den Streik für illegal und schickte an rund 600 Arbeiter die Entlassungsschreiben. Der sandinistische Gewerkschaftsverband CST, der den Streik als politische Aktion verurteilt, organisiert Streikbrecher. „Ein Streik, der nicht illegal ist, hat gar keinen Sinn“, kommentierte Rolando Velasquez, der Sekretär für Arbeitsangelegenheiten der sozialistischen Bauarbeitergewerkschaft SCAAS die Entscheidung des Ministeriums gegenüber der taz; man werde sich durch Massenentlassungen nicht einschüchtern lassen. Die SCAAS ist eine alte kämpferische Gewerkschaft, die schon unter der Diktatur Somozas günstige Kollektivverträge erstritt. Rund 50 Bauprojekte in Managua und der umliegenden Provinz sind seit einigen Tagen paralysiert. Die Bau arbeiter wenden sich mit dem Streik gegen einen erstellten Normenkatalog, wonach ein Arbeiter heute zehn bis elf Stunden täglich arbeiten muß, um real genausoviel zu verdienen wie früher bei einem Achtstundentag. Seit Oktober hatte die SCAAS mit dem Arbeitsministerium um einen neuen Kollektivvertrag gerungen. Mit der Währungsreform am 15.Februar wurden auch alle Löhne neu festgelegt und jede weitere Kollektivvertragsverhandlung auf mindestens 60Tage ausgesetzt. Nach der neuen Lohnskala verdienen spezialisierte Bauarbeiter täglich 41,20 neue Cordobas, Hilfsarbeiter gar nur 26,60 (Umrechnungskurs: 10Cordobas = 1Dollar). Die SCAAS hat aber errechnet, daß man mit weniger als 130 Cordobas täglich seine Familie nicht ernähren kann. Luis Sanchez, der Generalsekretär der Sozialistischen Partei Nicaraguas (PSN), der die SCAAS angeschlossen ist, weist Verdächtigungen zurück, daß der Streik politische Motive habe. Er räumt aber ein, daß ein Streik in der wirtschaftlichen Situation Nicaraguas nicht opportun sei: „Man kann das nicht bezahlen ohne Ressourcen aus der Verteidigung abzuziehen.“ Gewerkschaftsbüro besetzt Managua (afp) - Anhänger der sandinistischen Regierung haben in Managua das Büro der oppositionellen „Authentischen Ge werkschaftszentrale“ (CAUS) besetzt, um ein Treffen der Vertreter von vier regierungsfeindlichen Gewerkschaften zu verhindern. Das teilte der Generalsekretär des prokommunistischen Verbandes am Donnerstag mit. Die Angreifer seien mit Stöcken und sogar einer Pistole bewaffnet gewesen und hätten mit stillschweigendem Einverständnis der Polizei gehandelt. In der CAUS–Zentrale hatte sich die Führung des „Ständigen Arbeiterrates“, einer Dachorganisation von vier Oppositionsgewerkschaften, zu einer Besprechung über die gegenwärtigen Streiks treffen wollen.

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