: Shamirs „Jein“ zum Shultz–Plan
■ Wer bekommt den Schwarzen Peter für die Ablehnung der US–Nahost–Initiative zugeschoben? / In Israel werden, je nach politischem Standort, eindeutige „Jas“ oder „Neins“ vermißt / Shamir flirtet mit Moskau / Regierung debattiert nächste Woche
Aus Tel Aviv Amos Wollin
Nach den Gesprächen des israelischen Ministerpräsidenten Jitzhak Shamir in Washington treten die Bemühungen von US–Außenminister George Shultz um eine Nahost–Friedensregelung auf der Stelle. „Wir haben die amerikanische Initiative nicht abgelehnt“ hieß es zusammenfassend in der Umgebung Shamirs. „Auch wenn es Differenzen mit Shultz über die internationale Konferenz gibt, kann Washington die Nahost–Initiative fortsetzten. Die enge Zusammenarbeit zwischen den USA und Israel ist jedenfalls nicht gefährdet.“ US–Präsident Ronald Reagan stellte nach dem Gespräch mit seinem israelischen Gast klar, daß die USA den Shultz–Plan „nicht teilen und nicht aufgeben“ werden. Wa shington will auch an einer internationalen Konferenz als ersten Schritt für eine Lösung festhalten. Shamir, Gegner eines solchen Forums, zeigte sich lediglich bereit, zu einer „internationalen Zeremonie“ nach Moskau zu reisen. Reagan hatte nach seinem Treffen mit Shamir am Mittwoch abend erklärt, daß „diejenigen, die den amerikanischen Friedensplan ablehnen, ihrem Volk Rede und Antwort stehen müßten, warum sie einen realistischen und intelligenten Plan verworfen haben“. Die in dieser Frage gespaltene israelische Regierung wird das Projekt Anfang nächster Woche diskutieren. Die Debatte in der Öffentlichkeit hat allerdings schon begonnen. Shamir wird nach seiner Rückkehr versuchen, seine Partner in der Regierung zu überreden, ein arabisches „Nein“ zum Shultz– Plan abzuwarten. Damit bliebe der Regierungskoalition aus Arbeiterpartei und Likud–Block jede Entscheidung erspart. Notfalls kann der „Friedensprozeß“ auch elegant und demokratisch abgewürgt werden, indem die für November angesetzten Parlamentswahlen vorgezogen werden. In Jerusalem wie in den arabischen Hauptstädten möchte man der jeweils anderen Seite das erste „Nein“ und damit den Schwarzen Peter zuschieben. Ein deutliches „Ja“ zum Shultz– Plan forderte unterdessen der Minister Ezer Weizman, einer der Architekten des Camp–David– Abkommens mit Ägypten. Israel brauche Friedensverhandlungen nicht weniger dringend als Washington, meinte Weizman mit Hinweis auf die Notwendigkeit, den Palästinenser–Aufstand in den besetzten Gebieten zu beenden. Verteidigungsminister Jitzhak Rabin sagte, daß Israel es möglicherweise bald bedauern werde, wenn man den Shultz–Plan ablehne. Die gegenwärtige US–Regierung stehe Israel noch sehr positiv gegenüber. Juval Neeman von der Tehiya–Partei, die auch für die radikale Siedlerbewegung Gush Emunin spricht, meinte demgegenüber, es wäre besser gewesen, wenn Jitzhak Shamir zur Shultz– Initiative eindeutig „Nein“ gesagt hätte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen