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Ortstermin in der Colonia Dignidad

■ Leitung der Kolonie verweigert Kontakt zu geflüchtetem Deutschen / Vernehmungen der benannten Zeugen finden erst später statt / Angehörige Verschwundener demonstrierten

Parral (dpa) - Die Leitung der „Colonia Dignidad“ in Chile hat Außenstehenden jeden Kontakt zu dem deutschen Staatsbürger Jürgen Szurgelies verweigert. Der 24jährige war Anfang April aus der Kolonie geflüchtet und kurze Zeit später unter bisher ungeklärten Umständen wieder zurückgebracht worden. Rechtsanwalt Maximo Pacheco erklärte, er habe nach dem Ende des offiziellen Teils der Ortsbesichtigung die Leitung der Kolonie gebeten, den jungen Mann sehen zu dürfen. Auf diese Bitte habe ihm die Kolonieleitung nicht einmal geantwortet. Rechtsanwalt Pacheco vertritt die Interessen der Bundesregierung. Ein chilenisches Berufungsgericht hatte für den 24jährigen „juristischen Schutz“ bewilligt und sich damit verpflichtet, in den kommenden Tagen Zeugen und Beteiligte zu hören, die etwas über sein Schicksal aussagen können. Rechtsanwalt Pacheco wies darauf hin, daß dieser Fall nichts mit der Ortsbesichtigung zu tun habe, die auf Antrag der dritten Zivilkammer des Bonner Landgerichts zustande kam und Chiles Justiz in der Person der Richterin Lidia Villagran erstmals direkt in das Koloniegelände führte. Inzwischen steht fest, daß innerhalb der Kolonie keine der etwa 30 Gemeinschaftsangehörigen vernommen werden, die von verschiedenen Personen vor dem Bonner Landgericht als Zeugen für Folter und andere Formen von Menschenrechtsverletzungen benannt wurden. Dies soll in den kommenden Wochen vor dem Gericht in der Kreisstadt Parral geschehen. Noch vor dem Lokaltermin, während der Beratungen im Gerichtsgebäude von Parral, hatten Angehörige von seit über zehn Jahren verschwundenen Personen protestiert und Aufklärung über das Schicksal ihrer Familienmitglieder gefordert.

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