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Geld für NS-Opfer gegen mehr Handel

■ DDR-Staatsratsvorsitzender Honecker verweist gegenüber jüdischem Zentralrat auf Devisenprobleme durch zu geringes Handelsvolumen mit USA

Geld für NS-Opfer

gegen mehr Handel

DDR-Staatsratsvorsitzender Honecker verweist gegenüber

jüdischem Zentralrat auf Devisenprobleme durch zu geringes Handelsvolumen mit USA

Von Jürgen Gottschlich

Berlin (taz) - „Wir können dazu keine Stellung nehmen. Das überschreitet unsere Kompetenz.“ Mit dieser Bemerkung gegenüber der Nachrichtenagentur Reuter lehnte ein Sprecher des DDR-Außenministeriums es gestern ab, Äußerungen des Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, über mögliche Wiedergutmachungszahlungen der DDR zu kommentieren. Galinski hatte am Montag in einem erstmals zustandegekommenen Gespräch mit dem Staatsratsvorsitzenden Honecker unter anderem auch über Wiedergutmachungszahlungen an jüdische Opfer der Nazis durch die DDR gesprochen. Galinski berichtete anschließend, daß Honecker grundsätzlich seine Bereitschaft bekundet habe, rund 100 Millionen Dollar zur Verfügung zu stellen. Diese Summe sei nicht als Wiedergutmachung im juristischen Sinne zu werten, sondern sie soll jüdischen Opfern des Nazi -Terrors, die sich in materieller Not befinden, zugute kommen. Gegenüber der taz sagte Galinski gestern, das Hauptproblem sei seinem Eindruck nach der chronische Devisenmangel der DDR.

„Das ist für die praktische Durchführung das größte Hindernis“, so der Vorsitzende des Zentralrats. Die konkreten Verhandlungen führt nach Angaben Galinskis jedoch nicht der Deutsche Zentralrat, sondern die in New York ansässige jüdische Organisation „Claim Conference“. Bereits im letzten Jahr hätten zwei Vertreter der Claim Conference in Ost-Berlin mit Honecker gesprochen und ebenfalls eine grundsätzlich positive Reaktion bekommen. Weitere Details seien im folgenden zwischem dem Botschafter der DDR in Washington und der Claim Conference besprochen worden. Auch beim Besuch des Politbüro-Mitgliedes Hermann Axen vor zwei Monaten in Washington hätte es Gespräche mit Vertretern der jüdischen Organisation gegeben. Das Problem sei, daß die DDR eine individuelle Entschädigung in Form einer einklagbaren Wiedergutmachung ablehne, da sie sich nicht als Nachfolgestaat des Deutschen Reiches begreife. Deshalb sei man nun zu der Form einer Unterstützung notleidender Opfer gekommen, die über die Claims Conference abgewickelt werden soll. Galinski berichtete der taz weiter, Honecker habe darauf hingewiesen, daß das geringe Handelsvolumen zwischen den Fortsetzung auf Seite 2

Galinski...

USA und der DDR, daß Hermann Axen in Washington bereits beklagt hatte, der Hauptgrund für die Schwierigkeit sei, die 100 Millionen Dollar zur Verfügung zu stellen. Der Hintergrund dieses Hinweises dürfte darin bestehen, daß die DDR versucht, im Handel mit den USA in den Genuß der sogenannten Meistbegünstigungsklausel zu kommen. Diese Handelsvereinbarung haben die Amerikaner bislang als einzigem RGW-Staat Ungarn zugebilligt. Die Meistbegünstigungsklausel wird als politisches Instrument genutzt und ist gegenüber Ostblockländern an die Bedingung einer liberalen Ausreisepolitik geknüpft. Die DDR -Staatsführung hofft offenbar auf den politischen Einfluß der jüdischen Gemeinde in den USA, um mit dieser Unterstützung ihrem Ziel einer befriedigenderen Handelspolitik näher zu kommen. Eine erste Probe aufs Exempel steht bereits in dieser Woche bevor. US -Vizeaußenminister Whitehead und Handelsminister Verity werden in diesen Tagen in Ost-Berlin erwartet.

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