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Restaurierte Biennale

■ Zwei Beispiele faschistischer Kunst aus dem Jahr 1938 zieren den zentralen Pavillon nach seiner Restauration / Wiedererwachter Nationalismus bei den Italienern / Mehr als 100 MalerInnen aus 37 Ländern in der Hauptausstellung

Der neue Leiter der Biennale, Giovanni Carandente, wollte die Spuren beseitigen, die hier noch an 1968 erinnern: Der zentrale Pavillon der größten Kunstausstellung der Welt sollte wieder der italienischen Kunst gehören. Also mußten Carlo Scarpas damals angebrachte Blenden weg. Die antikisierenden Säulen sind wieder zu sehen, markant im Blickfeld wieder die Aufschrift: ITALIA. Carandente ging einen Schritt weiter. Er ließ an der Fassade kratzen. Hervor kamen „Die Königin der Meere“ und „Die Geburt Roms“. Zwei Wandgemälde aus dem Jahr 1938. Statt erschrocken weiter zu kratzen, um die ursprüngliche Fassade zu restaurieren, erlahmte der restaurative Eifer des Kunstkenners, und so zieren zwei Beispiele dessen, was die Faschisten unter Kunst verstanden, jetzt den zentralen Pavillon der größten Ausstellung der Gegenwartskunst.

Besonders abgeschmackt wirkt das Ganze durch das Amalgam von wiedererwachtem Nationalismus. Im zentralen Pavillon wurden seit 1968 die großen Themenausstellungen gezeigt, die gerade ein Gegengewicht zu den Länderpavillons bildeten, die ja unter deren Kuratel stehen und dem Gefasel von der großen Kunst der großen Maler. Es ist darum Gefasel, weil es keinen Mut zum eigenen Urteil zeigt, sondern dem etablierten Geschmack nach dem Munde redet. Die strenge Symmetrie der italienischen Teilnehmer belegt das: Vier Vertreter jeweils von Transavantgarde, Abstraktion, Concept Art und gegenständlicher Malerei. Die Supermächte sind Carandentes Parole („keine Experimente“) gefolgt: Die USA haben Jasper Johns, den grand old man und teuersten lebenden Künstler aller Zeiten, ins Rennen geschickt. Die Russen haben mit einem Toten gleichgezogen: Aristarch Lentulov. Aus der BRD ist Felix Droese gekommen, und die DDR ist gleich mit 32 Malern dabei, darunter fünf Frauen.

An der Hauptausstellung in den Giardini nehmen 37 Länder teil mit mehr als hundert Malern und Malerinnen. Am selben Ort sind Plastiken von unter anderem Sandro Chia, Willem de Kooning, Marisol, George Segal und Tom Wesselmann zu sehen. Außerdem noch eine Ausstellung in Ca‘ Corner della Regina mit Arbeiten der ersten nachfaschistischen Biennale des Jahres 1948.

Das große Gegengewicht zur sehr aufs Arrivierte angelegten Schau in den Giardini ist „Aperto '88“ in den Corderie dell'Arsenale. Hier gibt es noch einmal Arbeiten von mehr als 80 Künstlern. In den eineinhalb Tagen, die unserem Berichterstatter bisher zur Verfügung standen, hatte er dazu keine Zeit. So unangenehm ihm die Konzeption der großen Ausstellung war, so schwer tat er sich doch, sich von manchen Bildern zu trennen. Als er die Giardini verließ, fuhr er an einem Kiesschlepper vorbei, der „Bismarch“ hieß. Derartige Restaurationsversuche haben immer etwas Komisches.

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