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„Absolut schlappe“ Abgasnormen

EG-Umweltminister beschlossen Grenzwerte für Kleinwagen / Erst in den 90er Jahren gültig und nur für Neuwagen / „Verkehrsclub Deutschland“: Beschlüsse konsequente Fortsetzung bisheriger Verdrängungspolitik / Verklappungsverbot in der Nordsee ab 1990  ■  Von Manfred Kriener

Berlin (taz) - Die EG-Umweltminister haben sich am Mittwoch in Luxemburg nach jahrelangem Tauziehen auf „strengere Abgasnormen“ für Kleinwagen unter 1,4 Liter Hubraum geeinigt. Der „Kompromiß“ fällt noch hinter die Vorab -Befürchtungen der Umweltverbände zurück.

Eingeführt wird ein Grenzwert von acht Gramm Gift (Kohlenwasserstoff und Stickoxide) je Testeinheit. Er gilt ab 1.Oktober 1992 - allerdings nur für „neu konzipierte Automodelle“. Für alle anderen Neuwagen der bisherigen Modelle gilt der Stichtag 1.Oktober 1993. Für die Übergangsphase wurde ein zweiter Grenzwert von 15 Gramm beschlossen, der für neukonzipierte Modelle ab Oktober 1990 und für Neuwagen gängiger Modelle ab Oktober 1991 gilt.

Für das Gros aller derzeit laufenden Autos (Kleinwagen) in ganz Europa wurde überhaupt nichts beschlossen. Sie dürfen ohne neue Grenzwerte rußen und stinken. Italien und Frankreich, wo die meisten Kleinwagen gebaut werden, hatten sich vehement gegen schärfere Grenzwerte gewehrt. Niederlande, BRD und Dänemark standen dem entgegen, hoben aber am Ende brav das Händchen.

Als „absolut schlapp“ kommentierte Brigitte Kunze vom ökologisch orientierten „Verkehrsclub Deutschland“ (VCD) gestern die Einigung. Von einer obligatorischen Katalysator -Pflicht sei man weiter entfernt als je zuvor. Die Beschlüsse seien die konsequente Fortsetzung der bisherigen Verdrängungspolitik, mit der die Luftreinhaltung ins Jahr 2010 verschoben werde. Strengere Grenzwerte würden für die Auto-Industrie geopfert.

In Sachen Nordsee beschlossen die EG-Minister ein Verklappungsverbot für Dünnsäure von 1990 an. Damit wird das in der BRD beschlossene Ausstiegsdatum EG-weit übernommen. Auch dieser Beschluß ging nicht ohne Ausnahmen ab: Großbritannien, Frankreich, Spanien dürfen bis 1992 Gift verquirlen. Außerdem sprachen sich die Minister einstimmig für mehr Gewässerschutz aus. Dieser „Beschluß“ hat allerdings ausschließlich deklamatorischen Charakter. Umweltminister Töpfer erkannte dennoch eine „Weiterentwicklung der Philosophie europäischer Wasserpolitik“.

Keine Einigung gab es dagegen in Sachen Giftmüll-Export. Die Entsorger aller Länder wollten sich nicht hinter die Niederlande stellen und die Ausfuhr von giftigen Chemieabfällen in die Dritte Welt gänzlich verbieten. Es reichte nur zur Verurteilung „illegaler Export-Praktiken“ und zur Aufforderung'Leitlinien für den Gift-Export vorzulegen.

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